Donnerstag, 11. Dezember 2008

Die Weltformel

Winterliche Finsternus umgibt die Hauptstadt. Nichtsdestotrotz stehe ich voller Wohlgemut auf und bepöbele den düsteren Himmel durch ein weit aufgerissenes Fenster. Damit halte ich mich aber nicht lang auf, koche lieber eine Kanne Tee und beschäftige mich aktivistisch.

Ich habe einige Email-Korrespondenz zu erledigen, die mir leicht von der Hand geht, besuche anschließend meinen Blog und betätige mal den in der oberen Leiste befindlichen Button „Nächster Blog“. So werde ich von einem Zufallsgenerator von einer Seite zur nächsten geschleudert und kann sehen, was meine virtuellen Nachbarn so treiben. Zuerst besuche ich heute http://azira-adnan.blogspot.com/, ein kopfbetuchtes Mägdelein aus Malaysia, deren Begehr mir schleierhaft bleibt. Strebt sie gar eine Karriere als Hasspredigerin an? Ich weiß es nicht. Lieber unterlasse ich weitere Spekulationen und klicke wieder auf die magische Fläche. Es erscheint die nächste Kuriosität: http://ymx-itn.blogspot.com/. Da soll wohl irgendwas verkauft werden, das an digitalen Schönheiten drapiert ist; bestimmt japanisch. In http://blancatucanal.blogspot.com/ stellt eine Spanierin Bilder von anderen Menschen ein und lässt sie kommentieren. Wozu das gut sein soll? Es folgt http://www.rdekko.com/. Hochwertige, griechische Innendekoration soll uns durch viele, viele, viele Fotos suggeriert werden. Das läßt mich aber nur mit den Schultern zucken. Ich habe schon Seiten gesehen mit gefühlten Zillionen immer gleicher Gruppenbilder, der immer gleichen Freunde irgendwelcher Leute beim grillen, schwimmen, essen, trinken, grillen, in den Arm nehmen, essen, grillen usw. Meist in italienischer Sprache.

Als ich den nächsten sehe – es ist der optisch reizlose http://tvetudo.blogspot.com/ , und ist, soweit ich das verstehe, die Äußerung eines Brasilianers über das Fernsehen seiner Heimat – bin ich eigentlich soweit mich der Banalität zu entziehen, erliege aber der Trägheit des Klicks und lande bei http://chunhyang-haruka.blogspot.com/. Und bin in Sekundenbruchteilen mörderisch beeindruckt. Nicht von der Seite an sich, es ist mein eigenes Hirn! Denn ich kann geradezu den Murmeln in meinem Oberstübchen beim klickern und klackern lauschen, sodaß ich den Eindruck gewinnen muß, es funktioniere mechanisch. Bröckchenweise erinnere ich mich, vor einigen Wochen ein Übersetzungsprogramm installiert zu haben. Ah! Jetzt wäre der Zeitpunkt, es zu benutzen. Oh! Aber es kann nicht von Koreanisch, Chinesisch oder Japanisch ins Deutsche. Eih! Aber ins Englische. Mmh! Und von da ins Deutsche. Ieh!

Aufgeregt öffne ich das Programm und kopiere mit den üblichen Tasten den ersten Absatz hinein. Ich habe Glück; gleich die erste Sprache, für die ich mich entschieden habe passt. Es ist Japanisch. Anhand der Bilder denke ich mir schon, daß es ums Essen geht und schon bald hoffe ich eine kulturelle Betrachtung elaboriert aus Fernost in den Händen zu halten. Auf der linken Seite stehen noch die Zeichen:

友達に誘われて、

料理教室の体験に行ってきました。

「ツナとオニオンのキッシュブレッド」です。

上手く作れました。

6つもできたので、

明日の朝ご飯になりそうです(^-^;)

寮にはキッチンがないので、

料理教室行きたいなぁと思いました。

Was sich in Englisch so liest:

Being invited in the friend,

It went to the experience of the cooking classroom.

“The kish bread of the tuna and the onion” is.

It could make well.

Because also six was possible,

It may become the morning boiled rice of tomorrow, is, (^-^;)

Because there is no kitchen in the dormitory,

You thought that the cooking classroom we would like to go.

Ich würdige die Sprache von Dylan Thomas keines Blickes sondern lasse sie mir hastig ins Dichter- und Denkeridiom übersetzen:

, einladend im Freund,

Er ging zur Erfahrung des kochenden Klassenzimmers.

„Das kish Brot des Thunfischs und der Zwiebel“ ist.

Es könnte gut bilden.

Weil auch sechs möglich waren,

Es kann der Morgen gekochte Reis des Morgens werden, ist, (^-^;)

Weil es keine Küche im Schlafsaal gibt,

Sie dachten, dass das kochende Klassenzimmer, das wir gehen möchten.

Soso. So ist das also. Für einen kurzen Moment sind meine nationalen Gefühle beleidigt, aber dann klappert der Eiweißbetriebene Abakus wieder: ‚So entstehen also die ganzen kryptischen Gebrauchsanweisungen von ausländischen Gerätschaften. Interessant, interessant.‘ Sofort muß die Probe aufs Exempel gemacht werden. Hastig suche ich in einem Papierstapel nach einer Gebrauchsanweisung für was technisches, aber nach endlosem Gefudel halte ich lediglich eine Broschüre der Agentur für Arbeit in meinen zitternden Händen. Willkürlich schlage ich eine Seite auf, die sich mit Regeln im Falle einer Krankwerdung befasst. Den Kernsatz

„Bei Krankschreibungen durch den Arzt, sind die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen innerhalb von drei Werktagen unter Angabe Ihrer Bedarfsgemeinschaftsnummer bei uns einzureichen.“

lasse ich ins englisch einfärben:

„With ill postings by the physician, the appropriate certificates of inability to work are to be submitted within three working-days under indication of your need community number with us.”

Und gleich nochmal zurück auf Deutsch, schließlich muß ich ja den zweiten Sprung simulieren, da mir itzo eine japanische Transkription fehlt. Logisch. Der Endsatz lautet dann:

„Mit kranker Aufgabe durch den Arzt, sollen die passenden Bescheinigungen der Unfähigkeit zu arbeiten innerhalb drei Arbeitstage unter Anzeige über Ihre Notwendigkeitsgemeinschaftszahl mit uns eingereicht werden.“

Also bitte! Wenn das nicht Beweis genug ist! Seelig wie ein Wissenschaftler, der sein gesamtes Leben auf die Weltrettung verwendet hat und nun nach einem „Heureka“ die komplette Beweisführung in fünf Minuten erbracht hat, beschließe ich, mich für den Nobelpreis vorzuschlagen. Von dem zu erwartenden Preisgeld nehme ich schon mal einen Vorschuss und kaufe mir bei ALDI eine Salami.

1 Kommentar:

weltformel hat gesagt…

In your own experience, you have seen how the world formula can help an individual. Therefore, it will be wise to read more about it to be able to gain more knowledge and be successful.