Mittwoch, 29. April 2009

Basking Ridge, NJ

Noch ein paar Stunden bis Flug. Geduscht, rasiert und frisch gemacht erwarte ich bereits Auseinadersetzungen mit dumpfen Sicherheitsjohnnys ueber die moegliche Konsistenz von Zahnpasta, befuerchte sogar die Beschlagnahme meines Koffers, weil da Schnaps drin ist und all das ganze Gedoens. Wahrscheinlich werde ich das Land mit aehnlich gemischten Betrachtungen verlassen, wie ich hergekommen bin.

Nach dem letzten Eintrag wurde ich ueber meine Interpretationen doch ehrlich ein ganz klein bisserl Luegen gestraft. Noch waehrend ich schrieb, kamen einige junge Amerikaner neu im Hostel an. Ich musste sie rumfuehren, hatte ich doch kurzfristig von Justin die Aufgabe des Managers uebertragen bekommen, weil er in ein Konzert wollte. Gut, ich hatte eh nix zum Tun, da habe ich die Leute eben empfangen und mich anschliessend noch mit ihnen unterhalten. Es waren allesamt Studenten, gut ausgebildet, lustig und vor allem weltoffen und interessiert. Ploetzlich machte es mir richtig Spass, in Amerika zu sein und auch meine "Gaeste" schienen das so zu sehen. Der Abend war richtiggehend munter und nebenbei konnte ich bemerken, dass Amerikaner noch immer einen Tacken laessiger sein koennen.

Parks und...

Trotz aller spaeten Plauderei beginnt der naechste Tag frueh, denn das Projekt heisst 'Blue Ridge Parkway', eine etwa 400 Meilen lange, 2-spurige Landstrasse, von angeblich grosser Schoenheit. Ein Attribut, was mir ja schon die 'Smokies' nicht gehalten haben. Ich bin daher skeptisch. Doch anfangs geht es gleich nett los. Ich habe tatsaechlich den Eindruck, durch eine gepflegte Parklandschaft zu fahren. Links und rechts die unterschiedlichsten Baeume und vor allem Rhododendren und gepflegte Rasenstuecke. In 2-3 Wochen, wenn es alles blueht, muss das hier wahnsinnig aussehen. Immer oefter oeffnet sich der Bewuchs fuer einen Aussichtspunkt, denn die Strasse geht auf einer Art Bergruecken laengs. Da der Himmel strahlen blau ist und kaum diesig, kann man meilenweit sehen. Es ist eine Pracht. Kaum ein Haus oder anderes zivilisatorisches Ding stoert das Idyll. Und so bleibt es die naechsten 250 Meilen. Es aendert sich rein gar nichts. Es ist alles immer nur schoen. Park, Strasse, Wiese, Aussicht, Wald. Irgendwann habe ich die Faxen dicke, mir mangelt es einfach an Abwechslung von dieser ganzen Lieblichkeit. Immer haeufiger brausen in mir Gefuehle der Langeweile und des Ekels herum. Staendig sage ich mir, dass dieses Mal echt das letzte Mal ist, weil mir schoene Landschaft nicht mehr reicht und mir dieses ewig lange rumfahren in immer derselben genug ist. Mittlerweile bin ich schon in Virginia und beschliesse hinunter ins Tal zu fahren, ab auf die Interstate 81, denn es ist noch ein gutes Stueck bis nach Winchster, in dessen Naehe das 'Bear's Den Hostel' liegt. Ich komme dort um 1/2 Acht an, nachdem ich nochmal 3 Stunden auf der Autobahn war und sich die gesamte Fahrzeit auf 11 Stunden belaeuft. Ich vibriere irgendwie.


...Aussicht galore

Die Leiter sind eine junge Kleinfamilie aus Rochester, NY und ich bin der einzige Gast. Freundlich werde ich begruesst und sie fuehren mich herum und erzaehlen von der Geschichte des Hauses, das einst einem reichen Hauptstaedter als Sommerresidenz diente und der es nach seinem Tod der 'Appalachian Trail Society' vermachte. Die kuemmern sich seitdem nicht nur um den gleichnamigen, 2800 Meilen langen Fernwanderweg, sondern auch um eben dieses Haus. Ich bin allerdings schon reichlich platt und schlafe nach einem Feierabendbier rasch ein.
Am naechsten Morgen fruehsteucke ich mit Josh, Jennifer und dem luetten Jacob und erfahre auch hier wieder den umfassenden Kommunikationswillen der Einheimischen, was es immer wieder einfach macht, auf Menschen zuzugehen und sei es nur auf einen Schwatz im Kaffeeladen oder so.


Die typische amerikanische Familie und ihre Behausung

Gegen 11 Uhr verabschiede ich mich, fahre an Washington und Baltimore vorbei, ueberquere den maechtigen Susquehanna River und bin am fruehen Nachmittag in Philadelphhia, PA bei Amy und Joseph, Freunden von Anita, die mich eine Nacht bei sich aufnehmen und mir Philly zeigen. Da Amy hier Fremdenfuehrerin ist bekomme ich eine solch geballte Ladung Information ab, dass ich am Abend denke, mehr ueber diese Stadt als ueber irgendeine andere in den USA zu wissen. Nebenbei ist sie auch noch sehr schoen anzusehen.

Philly bei Nacht

Ich will jetzt nicht mit trockenen Fakten ermueden, und ich habe sowieso schon fast alles wieder vergessen, ausser, dass fast 50% der Bewohner Farbige sind, die, wie mir scheint, deutlich haeufiger zum Grusse dem Fremden gegenueber geneigt sind. Leider bleibt mir trotz Nachfrage bei meiner Fuehrerin und ihres, proporzgerecht, dunkelhaeutigen Mannes, die Entstehungsgeschichte des beruehmten Phillysounds im Dunkeln. Egal. Jedenfalls habe ich mit Beiden eine Menge Spass, als wir am Abend auf dem Aussichstdeck ihres Hauses in South Philly bei Bier und Unterhaltung auf das praechtig illuminierte Staedtchen schauen. Nur Jospehs Besorgnis ("There are many stupid people in the US and I am afraid that they outnumber us by a couple of millions.") macht mich nachdenklich, den eigentlich habe ich so viele Trottel gar nicht gesehen. Aber das ist bestimmt der Ostkueste geschuldet und dass ich den 'Bible Belt' diesmal nicht ueberquert habe.

Nun sitze ich hier, tippe hastig den Rest meiner Reiseeindruecke und kann mir als Fazit, trotz aller guten Eindruecke nur ein 'muss ich nicht mehr hin' abringen. Klingt nicht nach ultimativer Begeisterung. Ist aber so.








Sonntag, 26. April 2009

Ach Tennessee!

Heute morgen bin ich schon frueh wach. Sechs Uhr und kein Schlaf merh zu finden. Ich mache das vermeintlich Beste daraus und beschliesse zu den nahe gelegenen Smoky Mountains zu fahren, ein auf der Grenze zu Tennessee gelegener Nationalpark. Ich freue mich ueber die fruehe Morgenstunde, denke ich doch so, einem schoenen Samstagnachmittagsrun auf die Naturschoenheiten zu entgehen. Schon auf dem Weg dahin komme ich an zahlreichen Motels vorbei, die offensichtlich mit 100en, gar 1000en Moppedfahrern gesegnet sind.

Schon bald passiere ich eine Cherokee Indian Reservation. Falls, und nur falls, ich gadacht haben sollte, dass hier irgendwas Spirituelles abgehen sollte, sehe ich mich getaeuscht. Allerhoechstens ziehen die hier anwesenden Indsmen mit Hilfe zahlloser Giftshops und Campgrounds ihren finanziellen Vorteil aus den kruden emotionalen Erwartungen ihrer einstmals ausbeuterischen Mitbuerger. Am Ende sind auch sie zu guten und wahren Amerikanern geworden.

Der Vorteil von National Parks, die es hier gepriesenerweise in haeufiger Zahl gibt, liegt darin, dass niemand darin wohnt und sie auch sonstwie nicht verschandelt werden duerfen. Wahrscheinlich reicht das schon aus, damit jeder diese guten Einrichtungen per se als etwas Aussergewoehnliches anpreist. Mir gefallen die Smokies auch, besonders am fruehen Vormittag, wenn noch nicht so viele Leute unterwegs sind. Hochdramatisch, wie viele hier behaupten, sind sie aber nicht, eher lieblich und noch etwas unbelaubt.


Aus etwa 2000 Metern Hoehe: The Smokies

Getruebt wird mein nettes Erleben allerding von den bereits erwaehnten Harleyfahrern, die sich gegen Mittag dann doch zahlreich auf den Strassen einfinden. Bald schon bilden sich auf Aussichtsstationen dicke Cluster dieser Moppeds und ihrer Eigner. Ich war ja noch nie Fan dieser Karren, fuer mich sind sie eher das ultimative amerikanische Mopped: Fett, laut und lahm, also komplett passend fuer ihre Fahrer. Da es obendrein auch das einzige amerikanische Motorrad ist, muss ich bei den Zusammenkuenften ihrer Fahrer immer an Trabanttreffen denken, so komisch das auch klingen mag.


Liebliches Tennessee

Zwischendurch halte ich immer wieder an, wandere mal hier, mal dort entlang, befahre noch den hoechsten Punkt Tennessees und mache mich am fruehen Nachmittag schon wieder auf die Rueckreise in mein liebes kleines Hostel. Als ich schon wieder auf der Interstate 40 bin und die Reise bei konstanten, cruise-controlleten 65 Meilen doch sehr kontemplativ wird, kommt es mir durchaus in den Sinn, das mich an diesem Land nichts mehr wirklich reizt. Ich denke fuer kurz, dass die Great Plains noch mal was sein koennten, habe dabei die Bilder aus Hitchcocks „North by Northwest“ im Kopf, wo Cary Grant von einem Flugzeug gejagt wird, wobei mir bewusst wird, dass das vermutlich gar nicht die Great Plains sind und beschliesse den Gedanken, dass ich mir besser den Film nochmal angucke.

Ich habe einfach nicht das Gefuehl, ich haette hier irgendwas verloren oder zu erkunden, dass es hier irgendwas gaebe, dass der ganzen Aufregung um dieses Land Wert waere. Es scheint mir einfach nur ein bisschen groeser zu sein als andere und um einige Naturwunder reicher. Meine Hostelgastgeber sind ganz wunderbare Menschen, Justin ist einfach der netteste Mensch der Welt, Miss Schubert ist grosse Klasse und so viele Andere haben richtig was drauf, und nichts kann das schmaelern. Dennoch ist eine Reise nach Frankreich aufregender.

Samstag, 25. April 2009

Asheville, NC II


Das ist mein Aussichtspunkt

Es ist himmlisch! Ich bin mal wieder einfach irgendwo und muss nirgendwo hin. Seit einiger Zeit liege ich auf einem Sofa auf der vorderen Veranda und schaue einem weit entfernten Gewitter beim arbeiten zu. Es fliesst auch Verkehr vorbei. Ein starkes Nachmittagsgetraenk ist auch im Spiel. Die Temperaturen sind kurze Hose.


Richtung Nordwest

Und dass sie hier einen Computer haben, ach neee...fast ist's wie in Argentinien.

Richtung Nordost

Freitag, 24. April 2009

Asheville, NC

Es ist schon bald nicht mehr zu fassen gewesen. Ich bin in einem echten Hostel. Das ist fuer die Vereinigten Staaten von Amerika nichts Selbstverstaendliches. Nachdem ich mich das letzte Mal habe melden koennen, ging ich noch ein wenig durch Virgina Beach, das ganz im Zeichen des Springbreak Rituals steht, welches wohl noch zu feiern sein wird. Dies ist ein merkwuerdiges Spektakel amerikanischer Teenager, die sich im Fruehling an bestimmten Orten treffen, um dort im fuerchterlich betrunkenen Zustand wild miteinander zu kopulieren. Dabei tragen sie T-Shirts mit aehnlich aufregendem Drucken die besagen, dass Bier z.B. diesen Koerper formte. Oder so aehnlich. Den besoffenen Ray sah ich am Morgen danach nicht mehr, auch egal, ich wollte frueh los. Auf dem Wege liegt auch noch ein Aquarium, dem ich auch noch einen Besuch abstattete. Hat mir aber nicht gefallen und die 12 $ haette ich mir sparen koennen. Anstatt einfach die Fische in klarem Wasser auszustellen, ist jede Menge Schnick-Schnack beigefuegt, damit es irgendwie lehrreich ist und immer noch ein wenig Effekt mehr hat, ein Umstand, dem ich hier haeufig begegne. Hat was von kuenstlich aromatisiertem Kaffee. Obendrein musste ich mir noch von einem Haufen Tattergreisen Gespraeche aufnoetigen lassen, die sich selbst Volunteers nennen und nix kosten und juengeren den Job klauen. Immerhin hatte ich so mal die Gelegenheit einem ollen WW 2 Veteranen fuer Deutschlands Befreiung zu danken. Das war mir mal ein Beduerfnis und fast haette mich das Pathos meiner eigenen Worte uebrwaeltigt. Gut, dass der alte Chas es mit netter Bescheidenheit annahm.


Chas ist 92 und maeht noch immer seinen Rasen selbst

Nach gut einer Stunde hatte ich von diesem calvinistischen Lernausstellung genug und fuhr weiter nach Sueden, an der Kueste entlang zu den Outer Shores von North Carolina, die sich, sobald der uebliche Wust von ewig gleicher Kleinsturbanitaet ueberwunden ist, als ein State Park entpuppen, wo es touristisch weitaus gemaessigter zugeht. Was nicht heisst, dass man am Strand kein Auto fahren darf. Ich bin da erstmal etwas altmodisch und gehe zu Fuss. Der Wind blaest kraeftig, die See ist huebsch rauh, die Sonne ist ganz da, Menschen sind eher wenig, dafuer diese wundervollen Pelikane. Wie sie immer knapp und im selben Abstand ueber die brechenden Wellen fliegen setzt mich wieder und wieder in Erstaunen.


Keine Bange, auch hier tobt bald der Baer

Weiter geht die gemuetliche Fahrt durch leere Marschen nach Cape Hatteras, mit einer kleinen Faehre nach Ocracoke Island, wo ich ein guenstiges Nachtlager zu ergattern hoffe. Doch weit gefehlt. Das billigste ist ein State Campground fuer 20 $, wo es als einzigen Luxus eine kalte Dusche gibt. Einige Nachfragen bei kleineren Inns ergiebt als Minimum ein gepflegtes Huettlein fuer 60 $. Das versteht der Amerikaner nun unter Budgetreisen. Aber ich wende einen Trick an. Ich stelle mir vor, es handelt sich bei dem hiesigen Geld um argentinische Pesos und schwupp, ist alles viel ertraeglicher. Gleich erprobe ich das erlernte und gehe essen. Es ist zwar nicht so’n Hit, aber mit Hilfe meiner Einbildung gehts.


Huebsch san 'mer net, aber fesch!

Den naechsten Morgen starte ich frueh. Die erste Faehre aufs Festland geht um ½ Acht. Sie faehrt 2 ½ Stunden. Eine halbe davon schwaetze ich mit einem Trierer Paar, die sehr stolz darauf sind, nie waehrend der Bush-Aera in die USA gereist zu sein und sich nie mit Bush-Anhaengern unterhalten zu haben. Mir faellt dabei das lange nicht mehr verwendete Wort ‚borniert’ ein.


Cedar Island

Endlich in Cedar Island angekommen, nehme ich mein grosses Vorhaben in Angriff, am selben Tage noch bis in de Westen dieses Staates, nach Asheville zu kommen. Leider haelt mich ein irr gutes Licht und eine an jeder Ecke berauschende Natur auf. Staendig will ich anhalten und Fotos machen. Fuer 30 Meilen brauche ich fast 2 Stunden, auch weil ich bei einem Kaffeekauf in einem shop-in-shop Kitschladen (nennt man hier „Art and Gift“, ohne Scheiss) mit Kaffeemaschine mit 100 guten Wuenschen, Nive Days, Safe Trips und Thank Yous beladen werde, bevor ich aus dem Laden rauskomme. Mich macht das noch ganz kirre. Einmal reicht doch. Ich bin doch nicht taub!


Ist manchmal wie in 'Schoener Wohnen'

Als ich die Interstate 40 erreiche ist es schon Mittag und ich habe noch ein gutes Stueck vor mir. Und dann diese Geschwindigkeitsbeschraenkungen immer! Andererseits bin ich bei den Fahrkuensten meiner gastgebenden Mitbuerger darum ganz froh. Nicht auszudenken, wie das hier ohne aussaehe. Tempi werden aufgrund eingehender Telefonate willkuerlich gewechselt wie auch die Spuren, sodass manchmal selbst 55 Meilen/h nicht zu halten sind. Ein Grauen.

Dennoch komme ich wohlbehalten um etwa 7 hier an. Das Hostel, dessen Adresse ich aus dem dicken Buch habe, finde ich auf Anhieb. Eine niedlich rundliche Miss Schubert heisst mich willkommen. Ich ebkomme ein Bett in einem 4er Zimmer im Keller. Ich freue mich sehr, dass ich fuer dieses Loch nur 23 $ bezahlen muss, was in Pesos ja fast nichts ist. Naja, es ist immerhin sauber.

Meine Bunk

Die Stadt selbst hat etwas Niedliches und eine Art richtigen Kern. Je mehr ich von diesem Ort sehe, desto staerker wird der Eindruck, dass ich mich in einer Art moderner Hippiestadt befinde. Hier sind viele junge Leute, fast alle gepaikert bis zur Halskrause und gekleidet, als lebten sie in Muelltonnen. Die Anzeigen in den lokalen Gazetten bieten ueberwiegend esoterische und anders dubiose Wohlfuehlprogramme an, so als waere die halbe Stadt damit beschaeftigt die andere Haelfte zu kurieren. Da sind sie schon den lieben langen Tag dabei, sich staendig gegenseitig zu bestaetigen und anzuerkennen, und es ist wohl immer noch nicht genug. Das ist mir ein echtes Phaenomen!

Ein weiteres Kuriosum ist mein Versuch gute, harte, eiskalte Euros in schlabberige Dollars zu tauschen In der erstbesten Bank wird mir bedeutet, dass ohne eigenes Konto nix geht. Der nette Manager Mr Watson telefoniert aber rum und findet am Ende eine Bank, die mir fuer die kleine Gebuehr von 25 $ bereit ist, mir zu helfen. Dankend lehne ich ab. Lieber mache ich meine vorletzten Travellerschecks zu Barem, auch eine ziemliche Prozedur, bei der ich ausser 2 Dokumenten, 3 Unterschriften auch noch meinen Daumenabdruck hinterlassen muss. Ich werde hier noch weich! Jetzt heisst es jedenfalls, moeglichst die Kreditkarte sprechen zu lassen.

Mittwoch, 22. April 2009

Virginia Beach, VA

Ich bin wieder in einer Public Library. Es scheint der einzige Ort in diesem Land zu sein, den man fuers Internet benutzen kann, sofern man keinen eigenen Computer hat. Hier darf ich sogar mehr als 15 Minuten daddeln, und es ist umsonst, dafuer darf ich aber keine Bilder hochladen. Bisschen schad ist's schon, aber immerhin ein Fortschritt zu heute morgen.

Gleich nachdem ich die bereits erwaehnten 15 Minuten in Cape May rum hatte, bin ich in einen Buchladen und will mir sowas wie einen Hostelfuehrer kaufen. Im Internet ist das etwas schwierig, die in der Naehe befindlichen Hostels zu orten, da sie nicht nach Staaten geordnet sind, und wer weiss schon, wo die einzelnen, angegebenen Staedte und Doerfer so sind. Letztes Jahr in Suedamerika konnte ich mich darauf verlassen, dass egal wo ich hinkam, irgendwas zum uebernachten in einer unteren Preisklasse und mit netten Leuten obendrein zu finden war und das gleich mehrfach. Hier ist das nicht so. Nein, nein. Hostels sind rar gesaet. Das naechstguenstige sind dann immer Motels, die erstens 2-3mal soviel kosten und zwotens ziemlich oed sind.

Als ich dann so im Buchladen stehe und denn jungen Verkaeufer nach sowas fragte, hat der natuerlich keine Ahnung, eine fuer hiesige Verhaeltnisse recht haeufiges Verhalten. Bereits Tags zuvor habe ich auf Fragen zumeist voellig unzureichende bis total stupide Antworten bekommen, selbst wenn es nur die Frage nach einem Postoffice war. Jedenfalls schickt der Buchhaendler mich zur Reiseabteilung, wo alles Moegliche durcheinander steht. Kurz bevor ich dann verzweifelt schon nach einem 'Lonely Liar' schreien will, faellt mir ein 'Let's Go USA-Budget Travelling' in die Finger, auch ein wenig unuebersichtlich, aber immerhin mit guten Tips fuer Uebrnachtungen. Zwar sind auch hier die Hostels nicht gerade ueppig erwaehnt, aber fuers erste suche ich mir eines aus, nicht zu weit, etwa 180 Meilen suedlich. Gluecklich ueber den guten Kauf doedel ich auf die Faehre ueber die Delaware Bay und kommen 1,5 Stunden spaeter im ersten amerikanischen Staat an, mache gleich zur Atlantikkueste weiter, Richtung Maryland, welches auch schon, schwupp, da ist und sich mit Ocean City sofort aufs grauslichste praesentiert und fuer die Sommermonate herrichtet. Linker Hand, zur Kueste hin Benidorm-artige Betonburgen, Triplestoeckige Motels und echte Schrummbuden in Pappkartonformat. Rechts der mehrspurige Durchfahrtstrasse die uebliche Reihe von Einkaufsmoeglichkeiten, schwer durchsetzt mit ungalublich bombastisch dekorierten Minigolfanlagen und Aehnlichem. Mir wird mal wieder bewusst, dass ich kein anderes Land kenne, das seine an sich wunderschoene Gegend mit derart viel unnuetzem Ramsch zupflastert, wohl aus dem einzigen Grunde, dass sie sich davon eine Proftiterhoehung versprechen.

Kaum bin ich aber aus diesem Kaff und von der Kueste weg, gleite ich durch Maryland liebliches Farmland, cruise soft nach Virginien hinueber, mach hie und da einen Abstecher in kleine Orte an der Wasserkante, geniesse den Sonnenschein, und bereite mich auf einen echten Hoehepunkt vor: Die Chesapeake Bay ueberquere ich auf dem Bridge Tunnel, das ist ein Mix aus einer Bruecke, die nach etwa 14 km in einen Tunnel uebergeht, dann nochmal Bruecke wird, nochmal Tunnel und noch ein kurzes Stueck Bruecke. Zu allem Ueberfluss schickt sich der HAPAG-Containerfrachter "Leverkusen Express" an, den zweiten Tunnel zu ueberqueren als ich einfahre. Mich schuettelts etwas bei der Vorstellung, dass dieses 294 Meter lange Schif itzo ueber mich hinwegsegelt.

Ich komme aber ohne Schrammen wieder hinaus und erreiche letztendlich mein Ziel, das 'Angies Guesthouse' wie im Reisefuehrer beschrieben. Ein Hoch darauf! Beim Eintreten werde ich von Ray empfangen, in etwa so alt wie ich und just mit einem Telfonat beschaeftigt. Als er mich sieht, springt er hastig auf und legt sich erstmal auf die Fresse. Beim Hochkommen stellt er sich auch nicht sehr geschickt an, und als er dann endlich in seiner ganzen Pracht vor mir steht, wird mir schlagartig klar, dass dieser Mann stramm wie ein Amtmann ist. Artikulieren kann er sich relativ klar, doch die uebrige Motorik ist schwergaengig wie eine bekloppte Schildkroete. Und hinter ihm, an der Wand, prangen die gesamten Regeln der Einrichtung, vor allem: 'kein Alkohol!' Immerhin bemueht er sich um Professionalitaet und wer bin ich, dass ich ihm seinen Zustand verueble.

Nach ziemlich langen 20 Minuten ist die Eincheckprozedur geschafft, und er zeigt mir das Haus mit seinen Einrichtungen. Als er eine Treppe hinutersteigt bin ich etwas in Sorge, aber erst die letzte Stufe laesst ihn abschmieren. Es ist ihm sichtlich peinlich, aber ich ueberspiele die Situation gekonnt und er faengt sich wieder. Auch emotional.

Jedenfalls habe ich ein Bett in einem Hostel, wie ich es wollte. Es sind zwar keine anderen Gaeste da, macht aber erstmal nix und... uff, jetzt werde ich per rasendem Blinklicht erinnert, dass die Buecherei gleich zumacht und ich enden muss. Meine Guete, was eine Hektik hier wieder. Und ich schreibe schon, als ginge es auf Leben und Tod. Die machen mich alle noch verrueckt hierund ich weiss nicht mal, ob ich irgendwas Verstaendliches von mir gegeben habe. Ochotttochotttochottt!

Dienstag, 21. April 2009

Cape May, NJ

Ich habe tatsaechlich, einen Computer gefunden, in einer Public Library. Den darf ich fuer sage und schreibe 15 Minuten benutzen. Oder ich kaufe fuer 10 $ eine Jahreskarte. Super, wenn die Faehre nach Delaware in einer Stunde geht und ich eh schon den Eindruck habe, vollkommen pleite zu sein. Ausser Klamotten kostet hier alles ordentlich.

Ich weiss nicht, wie weit ich heute komme, aber den Chesapeake Bay Bridge Tunnel werde ich wohl noch schaffen. Und ich will unbedingt ein Hostel finden. Motels sind ganz okay in diesem Land, aber jede Nacht 'nen Fuffi? Ich werde noch im Auto schlafen muessen. Aber da habe ich dann das zweite, koordinierende Problem: Kein Kontakt! Es sei denn mit vorsichtigen Polizisten. Ach, es ist ein Kreuz!

Und schon schaut die dicke schwarze Bibliotheksangestellte finster-freundlich zu mir rueber. Die 1/4 Stunde scheint rum zu sein. Tschuldigung, wenn ich gehetzt klinge.

Montag, 20. April 2009

Nach dem Sueden hin gezz

Gleich werde ich munter ins Land fahren, den sicheren Platz bei Tantchen verlassen, mit meinem SUV die suedliche Ostkueste erobern zuerst in Richtung Atlantic City und dann immer weiter ueber Delaware bis zu North Carolina’s Outer Shores und hoffentlich Pelikane sehen und was weiss ich noch.

Ein klein wenig Sorge habe ich trotz aller Vorfreude, denn zum einen scheint es in diesem Land keine Hostelkultur zu geben, in dem Sinne, dass man andere Reisende kennen lernen und gesellig sein kann. Zum zwoten macht mir die Situation mit oeffentlichen Computern Gedanken, denn immer, wenn ich nach Internetcafes frage, ernte ich Schulterzucken. Ich werde sehen. Oder eben nicht.

Die letzten2 Tage sind Verwandtschaft erfuellt gewesen. Dabei lerne ich einige Neue kennen, einige Alte sehe ich wieder und - dafuer sind Geburtstagspartys eben auch da - mit verrueckten Onkels stosse ich an, mit flotten Nichten und Basen wird getanzt, mit lustigen Tanten Witze gemacht und mit den verstreuten Vettern Trinksprueche geuebt. Ich bin sogar schon soweit, dass ich klugerweise anfange, zwischendurch Wasser zu trinken, da ich sonst befuerchten muss, zu frueh schlapp zu machen, doch so lustig wie Anitas Geburtstag ist, so abrupt ist er auch zu Ende. Um 10 Uhr brechen sie meisten auf, entschuldigen sich mit weiten Anfahrten und all so Zeug. So faengt zu meiner Verwunderung schon um kurz vor 11 das Aufraeumen an. Auch meiner 80-jaehrigen Tante ist das deutlich zu frueh, aber egal; gefreut hat es sie trotzdem. So gesehen, freunde ich mich noch kurzfristig mit dem Barkeeper an, der mir waehrend seines Tresensaeuberns ungetruebt Bier nachschenkt, eine Taetigkeit, die auch von Karen und Fiona, zwei beschwesterten irischen Lehrerinnen nicht unbemerkt bleibt. Es wird noch ein krachend lauter Spass mit den Beiden. Sie koennen ganz gut was verputzen, leider sind sie bedrohlich unzierlich und um Mitternacht ist endgueltig Sense.

Die Weissen sind unsere Girls

Den naechsten Tag verbringe ich eine Autostunden entfernt im noerdlichen NJ auf einem Schulfussballplatz und schaue mir die Nichten beim poehlen an. Die Maedels legen sich maechtig ins Zeug, verlieren aber dennoch. Was mir aber viel bemerkenswerter scheint, ist die hier durchaus gesittete Atmosphaere. Zunaechst wird meine Frage nach Bier- und Wurststand abschlaegig beschieden. Na gut, wird auch mal ohne gehen. Als naechstes faellt mir positiv auf, dass man ganz nah am Geschehen auf Klapphockern und auf Decken sitzt und der Linesman durchaus in Fluesterweite sein Tagwerk verrichtet. Da ich auch hier mit den Gepflogenheiten nicht vertraut bin, frage ich erneut, diesmal, in welcher Form, man die Pfeifenmaenner bepoebeln darf. ‘Gar nicht’, lautet die amuesierte Antwort, auch solle man sich eines allgemein gepflegten Tons bedienen, ansonsten wuerde man von einem S.A.G.E. der zuschauenden Gemeinschaft verwiesen, einer Aufgabe, die heute meiner Kusine Diana unterliegt. Auch Gegnerinnen beschimpfen waere unfein, nur mutmachende Anfeuerung sei erlaubt. ‘Bestimmt’, spinne ich den Faden weiter, ‘darf ich auch nichts mit bestimmten abnormalen Sexualpraktiken zum Ausdruck bringen’, als mir eine andere Soccermom mit lustigen Sommersprossen vorschlaegt, es doch auf Deutsch zu sagen, das wuerde man dann eventuell nicht verstehen. Ich halte mich dennoch zurueck, bin aber begeistert, dem Gast die Ausuebung seiner gewohnten Rituale in massvoller Form einzuraeumen.

Soccermoms bei der Arbeit, links vorn 'The Wobbler'

Nach einer Weile macht mir die ganze Picknickatmosphaere sogar Spass, immer mehr Muetter und auch einige Vaeter kommen hinzu, auch Neffe Andrew, den sie alle den ‘Wobbler’ nennen, wegen seines Entengangs. Alles in Allem herrscht nette Plauderatmosphaere, Rezepte fuer Drinks werden auch ausgetauscht und die gelegentlichen Traenen verletzter Spielerinnen werden mit nur wenig Empathie zur Kenntnis genommen.

Anschliessend fahre ich noch zur Mischpoke nach Haus, auf eine lockere Tasse duennen Kaffees und lustigem Schwaetzchen und als ich fuer ein bisschen Frischluft auf die Terasse trete sehe ich doch tatsaechlich meinen ersten richtigen Baeren. Potztausend! Sicher sei der zahm sage ich verdattert, doch mein Onkel erwidert ein trockenes ‘Nein’ und lacht dabei so schallend, dass es Meister Petz wieder in den Wald treibt.

Der Schwarzbaer ist ein harmloser Geselle der heimische Waldfauna

Nachdem ich mich mit einem Bierchen von dem Schreck erholt und von allen verabschiedet habe, frage ich mich auf dem Heimweg noch im Rueckblick auf die Sitten, u.a. beim Fussball, welche Auswirkungen es auf eine Gesellschaft hat, wenn immer auf Ruecksichtnahme geachtet werden muss. Wie lernen sie es, mit Zurueckweisung umzugehen? Und wie erlernen sie Witz, die schaerfere Variante von Humor, wenn sie ihn nie gebrauchen muessen?

Samstag, 18. April 2009

1 Tag in New York

Da die Vorbereitungen zu den Feierlichkeiten des 80. Geburtstages meiner Tante bedrohliche Ausmasse anzunehmen scheinen, beschliesse ich einen kurzen Tagestrip nach NYC. Seit Wochen schon habe ich einen Besuch zum ‘Museum Of Natural History’ auf dem Zettel, und nun isses soweit. Schliesslich soll es eines der weltbesten sein. Das sollte man auch erwarten in God’s own country.

Im Zug bummele ich etwas mehr als eine Stunde durch New Jersey, erst an gepflegten Haeusern wohlhabender, weisshaeutiger Leute vorbei, dann kommen in Newark endlich auch backsteinige Mietskasernen in den Blick und kurz bevor es in einen Tunnel in die grosse Stadt geht, noch durch die Suempfe des Hudson River noerdlich von Hoboken, Geburtsstadt von Frank Sinatra und Pia Zadora. Der letzte Halt ist die Pennsylvania Station am Madison Square Garden, 7th and 32nd. Manhattan, NYC.

Es ist eben mal kurz vor halb zehn, die Sonne scheint, Fruehling kommt auch hier zum Zuge, doch ist es noch ein wenig frisch, als ich ins obere Reich trete, gerade so, dass es nicht unangenehm werden kann, und sofort finde ich es geil, hier zu sein. Ich freue mich sogar, wenn ich mich recht erinnere, das erste Mal, dass diese Stadt mich fuer sich einnimmt. In der naechsten Bank geht es gleich weiter. Ich muss Reiseschecks zu Barem machen, und das afroamerikanische Frollein am Schalter ist gut aufgelegt und ein lustiges Ding. Sie kichert wild, wenn ich meine kleinen Witzchen mache.

Doch ich reisse mich los, warten doch Meteoriten und ausgestopfte Tiere in rauhen Mengen auf mich. Mit dem ‘C’-Line fahre ich bis 81st und kann von dort direkt in den Kassenraum des beruehmten Museums hinein. Mich erwarten zu meinem Leidwesen lange Schlangen mit plaerrenden Blagen (pB’s), desinteressierten Pubertierenden (dP’s) und eine Haufen dicker Eltern (dE’s). Das mit den dE’s wird nach Entrichtung des Eintrittsmarge von $ 15,- weniger, da von anderen Eingaengen auch andere Eltern die anwesende Masse verduennen. Trotzdem bin ich hier waltechnisch ein Waisenknabe. Die dP’s fallen nicht weiter auf, dafuer beherrschen die pB’s das komplette Geschehen. Und da das ein sehr, sehr grosses Museum ist, passen davon auch sehr, sehr viele hinein.

Anflug auf das antike Alexandrien


Preusse, der ich bin, gehe ich planvoll vor, von oben nach unten, fange also bei den Palaeontologischen Raeumen an und arbeite mich sukzessive zum Weltraumzeitalter vor. Leider klaptt es nicht ganz so iwe gedacht, da sich hier die verschiedensten wissenschaftlichen Bereiche kunterbunt abloesen. Gerade noch habe ich Saurierskelette bewundert, schon stehe ich bei irgendwelchen pazifischen Ureinwohnern in der Kueche. Fast fuehle ich mich wohlig an Suedamerikanische Ausstellungskultur erinnert, doch dafuer ist das hier alles zu fundiert und professionell ausgestaltet, manchmal gar ein bisserl viel.

Elefanten in der Nacht haben mich um den Schlaf gebracht

Nur von den Dioramen kann ich nicht genug bekommen. Riesige Schaukaesten mit zauberhaft ausgestellten Tierhorden Afrikas, Asiens oder sonstwo. Immer in ihrem naturlichen Habitat platziert, welches sich unmerklich in eine in den Hintergrund gemalte Landschaft hinueberstiehlt, deren Naturalismus eine perfekte Illusion zu schaffen vermag. Rasch fasse ich den Entschluss, die voelkerkundlichen Raeume, auch die geologischen und was weiss ich noch alles, im Stechschritt zu durchmessen, nur damit ich meine Zeit mit nichts anderem als diesen Kunstwerken des schoenen Scheins vertroedeln zu koennen, einzig gestoert von krakeelenden Massen an dE’s, dP’s und pB’s. Trotzdem wird es drei Uhr nachmittags, ehe ich den Laden verlassen kann, und das einfach nur weil ich keine Lust mehr habe, lieber nochmal raus will, Atmo schnuppern.
Fast wie daheim

Zuerst gefaellt es mir immer noch wie am Morgen. Ich gehe Central Park West entlang, biege nach rechts, komme auf die Columbus, weiter Richtung downtown, mein Fuesse mittlerweile sehr erschoepft. Ich habe das strikte Beduerfnis, mich zu setzen, eine Kaffee zu trinken, sehe aber nur stullte ‘Starbucks’, alle voller Leute, keine Tische auf den Strassen, sodass ich am Ende kleinlaut bei McDoof lande, wo Nachmittagsfernsehguckeltern ihre missratene Brut anbloeken. Wieder auf der Strasse merke ich, dass mir der Anflug von Faszination bezueglich dieser Stadt schon wieder floeten gegangen ist. Mit einem Mal bin ich enttaeuscht und zwar so masslos, dass ich sogar Heimweh nach unserer schoenen Hauptstadt habe.

Da gehoert eingeschritten! Um die naechste Ecke bietet sich eine Gelegenheit. Ein Eingeborener nimmt an einem Hauseingang die Landesfahne ab, wahrscheinlich fuer rituelle Zwecke, und hat dabei Muehe, sie zu baendigen. Waehrend er mit seinem Kopf noch halb unter dem Nationalstoff steckt, frage ich ihn schon, ob ich von ihm ein Foto machen darf, was er, New Yorker bis ins Mark, tapfer bejaht, wenn ich ihm nur ein wenig huelfe. Wie kann ich da nein sagen und so bekomme ich auch mein Bild. Ausserdem habe ich wenigstens bis zum naechsten Block ein Stueck Begeisterung wieder erlangt.
So sieht's doch aus!

Auf dem weiteren Weg passiere ich u.a. den Times Square und wundere mich schon gar nicht mehr ueber die Menge an Leuten, die einem Flyer und jede Menge andere Verkaufsangebote in die Hand stecken. Meine Umgebung ist ein einziges Gesummse und Geplaerre. Wer die wohl alle bezahlt? Wahrscheinlich bekommen sie nicht mal genug zum Leben. Auf jeden Fall scheinen sie Spass zu haben, sie lachen oft, und wenn man sich in der rasenden Hektik Zeit fuer einen Blick nimmt, kann man sogar einbezogen werden.

Als ich um etwa 4.30 Uhr meine 50 Blocks bis zur Penn Station gelaufen bin, wollen mir die Fuesse fast abfallen, und doch muss ich noch mal zu Macy’s rein, nach ‘nem Anzug gucken. Markenklamotten sind hier unsagbar billig, und schon den Tag zuvor war ich einer Outlet Mall, mich pleitieren. Der Aufzug in den 3. Stock enthaelt eine Frau mit Kinderwagen und zwo very dicke Damen, die bei meinem Eintreten etwas von Sardinenbuechse faseln, was ich angesichts ihrer Heuballen aehnlicher Figuren fuer degoutant halte. Oder reden die gar nicht von sich?

Oben hat’s dann gaaaaanz zauberhaften Zwirn von Calvin Klein und mit gerade mal 250 Piepen waere ich dabei, kann mich aber echt nicht entschliessen, verschiebe einen moeglichen Kauf lieber auf kurz vor Schluss, wenn klar ist, wie schlimm meine ganz persoenliche, gefuehlte Finanzkrise sich ausnimmt. Schweren Konsumherzens flaniere ich mit meinen nunmher voellig unwilligen Fuessen zum Zug. Als ich mich setze, bin ich schwer mued. Wieder an den Hudson Swamps vorbei, sinniere ich ueber NYC wie schon oft: Kann man machen. Muss man aber nicht.

Noerdlich Hoboken

Dann unternehme ich wohl noch eine Anlauf. Demnaechst.

Donnerstag, 16. April 2009

In der neuen Welt

So, nun bin ich grad mal ein paar Stunden im Reiche des neuen Superpraesidenten, und schon habe ich wieder mit Anti-Umlaut-Tatstaturen zu kaempfen. Obendrein vertauschen sie hier boeswillig das y mit dem z und treiben anderen Schabernack. Sei’s drum. Viel Feind, viel Ehr.

Von der Reise an und fuer sich gibt es nicht viel zu berichten. Am Mittwoch morgen geht es von Tegel los mit dem ueblichen Check-in Gedoene und Verhandlungen, ob nicht doch noch ein Platz am Notausgang…wegen der langen Beine…Sie verstehen…nur bis Frankfurt…den langen Toern leider nein…Schade…kann man nix machen…bitte da entlang.

Und dann die erste Zusammenkunft mit grenzdebilem Sicherheitspersonal, die mit mir diskutieren wollen, wie fluessig und somit sicherheitsrelevant meine Zahnpastatube ist und – da mein zweiter Vorname ‘Renitenz’ ist – ausgiebig. Mir steckt auch das ausgiebige Gefummel der Pieps-Abteilung noch in den Knochen, sodass ich kurzerhand bereit bin, die gefaehrlichen Hygieneartikel ihrem Schicksal zu ueberlassen, anstatt mir ein Plastiktuete fuer deren ordnungsgemaessen Lufttransport zu kaufen, und, siehe da: Die Kontrolltante faengt das Stammeln an. Sie ist mit dem ploetzlichen Ableichtern solcher Dinge ueberfordert, sie hat solch eine Reaktion anscheinend nicht einkalkuliert. Welch unerwarteter Triumph! Und es kommt noch besser: Ein neben mir, gerade kontrollierter, anderer Mann entpackt seine enbensolchen Habseligkeiten, leiht mir sein Plastiksaeckchen fuer die Kontrolle, die ich nun anstandslos passiere, und erhaelt dieses mit einem komplizenhaften ‘Danke Schoen’ hinterher wieder. Was ein Coup!

Fliegen finde ich im Uebrigen totlangweilig, besonders lange Strecken. Diese dauert immerhin 7 komma 5 Stunden von Frankfurt bis Newark und ist bis auf den letzten Platz belegt. Mein Sitznachbar ist ein hoeflicher, junger, muslimischer Inder, dem ich die ganze Zeit munter was vortrinke, da unsere gute Lufthansa mit Alkohol grosszuegig ist. Den Inder juckt’s aber nicht, denn er ist schon seit Bangalore unterwegs, also bestimmt schon seit ‘ner Woche odyssiert, und er schlaeft dementsprechend. Wenn er denn mal wach ist, erfahre ich, dass er auf einem Businesstrip und so eine Art Computer-Inder ist. Von mir aus.

Das fuer uns zustaendige Personal ist eine recht rigide Stewardess, was ich ja sehr mag, und ein maennlicher Flugbegleiter, der aussieht wie ein Krawalltuerke vom Bornheimer Hang. Doch er traegt einen spanischen Namen und ist ein Charmebolzen vor dem Herrn. Die beiden geben ein Superteam ab, welches sich in seiner Auspraegung leicht an die Masche ‘Guter Cop, Boeser Cop’ anlehnt, um die kindische Passagierlandschaft zur Raeson zu bringen. Die beiden unterhalten mich besser als das duerftige Unterhaltungsprogramm. Es ist deutlich gestriger Standard, mit seinen Overhead-Monitoren und einem Film fuer alle. Und dann ist das auch noch “Malvin & I”, ein voellig nutzloser Film ueber ein Ehepaar mit Kindern und einem Hund (Malvin). Die Beiden heiraten, kaufen einen Unerziehbaren Hund, kriegen 3 Kinder, ziehen um, arbeiten als Journalisten, sind immer gluecklich, der Hund stirbt und nun fehlt er ihnen. Das Ganze ist so arm an Hoehepunkten wie Dauerdurchfall.

Ansonsten bin ich aber mit den Features unserer heiligen Lufthansa zufrieden. Die Angestellten sind korrekt mit leichten Entertainmentqualitaeten, am Schnaps wird nicht gegeizt, die Beinfreiheit der Sitze ist in Ordnung und Ottl Eichers Design gefaellt mir immer noch.

Nach der Ankunft dann die gefuerchtete amerikanische Homeland Security. Was kursieren da fuer Geschichten! Am Ende ist das alles nur warmer Schmauch und grosser Buhei, um den Leuten so ein Gefuehl von gefuehlter Sicherheit zu verfuehlen. Die ueberbordende Unfreundlichkeit ist dabei wohl nur dem angenommenen Ernst der Lage geschuldet, denke ich. Doch als sich bei der Mietwagenstation von ‘National” diese Miesepetrigkeit fortsetzt, glaube ich, dass die einfach von ihren schlecht bezahlten Scheissjobs genervt sind. Soll mir aber Wurscht sein. Mein mittelgrosses SUV macht jedenfalls Spass und laesst mich sogar vergessen, dass ich meinen 1977er Rand McNally Strassenatlas vergessen habe und nun aus zehn Jahre alter Erinnerung zu Anita finden muss, wegen derer 80jaehrigem Geburtstag ja urspruenglich hier bin.

Mit einiger Fragerei und taktischem Einkreisen der Zielzone komme ich schliesslich um 17.43 Uhr East Coast Time an. Sie freut sich sehr ueber meine Besuch, bei einer Tasse Kaffe tauschen wir Neuigkeiten aus und ich bin nicht ueberrascht die Gute immer noch froehlich agil zu erleben. Seit nunmehr ueber 20 Jahren leitet sie ihre eigene Privatschule, lebt ihren Traum, ist gluecklich und erfolgreich. Ist doch tofte.

Leider habe ich hier noch einige Unwaegbarkeiten, was die Berichterstattung angeht. Gut moeglich, dass ich mal Schwierigkeiten haben werde oeffentliche Computer zu ergattern. Ob und wie das mit der Veroeffentlichung von Fotos klappt, weiss ich auch noch nicht, aber ich gebe, wie immer, alles. Chau.

Sonntag, 12. April 2009

Es geht mir schon wieder

Nun bin ich aber froh, daß ich noch lebe, uff und üffer! Da will ich einem Kumpel einen Gefallen tun, noch dazu einen bezahlten und sage ihm zu seinen alten Catering-LKW, bestehend aus Zugmaschine und Küchenanhänger bis hinter Kassel zu fahren, im Unklaren darüber, daß die Karre 1,5 Jahre gestanden hat und amtlich verrostet und sonstwie fertig ist. Nur fahren kann sie wohl noch und da ich die Piepen gern habe, sowie denke, daß werde schon gut gehen, fahre ich los, wenn auch sowieso zu spät am Tage, da ja hier und da noch was gefummelt werden muß.

Ab Tanke Michendorf nehme ich erstmal die Abfahrt nach Leipzig, merke es aber nicht, selbst die Autobahnabfahrten heißen hier anders als auf der gewohnten A2, aber egal. Wegen des Zustands des Fzgs. fahre ich nicht allzu fix, dennoch platzt mir 30 km vor Dessau ein Hängerreifen. Mit Ach und Krach kriege ich den Metallhaufen zum stehen. Ich rufe den ADAC an, merke endlich, daß ich auf der falschen Autobahn bin und füge mich in mein Warteschicksal, sage schon mal alle Termine für den Folgetag ab und lasse mich zwischendrin von einem grenzdebilen anhaltinischen Autobahnbullen über meine Pflichten belehren. Als nach 1 ½ Stunden noch nix passiert, rufe ich die Hotline-Uschis noch mal an und muß mir anhören, daß sie meine Telefonnummer versust haben und deswegen nix machen konnten (was meine Nummer damit zu tun hat?), aber in der nächsten halben Stunde käme einer vom Truck-Service.

Die ganze Pracht

Nach einer weiteren Stunde kam der wirklich. Ohne Ersatzrad. Das mitgeführte ist nämlich rissig wie Osteoporose, weswegen ich ein neues empfahl. Gut, montiert er eben das olle (noch ´ne Stunde), überbrücken auch noch, da die Batterie plötzlich scheitert und fährt dann mit mir bis Dessau zum Reifendienst, ein neues kaufen (noch ´ne Stunde). Das montieren dauert noch ´ne Stunde, dann darf ich endlich weiter, fahre nur noch 70, biege bei Jena auf die A4 und darf mit der schwachbrüstigen Zug-Mamsell erfahren, was Steigungen sind. Und Baustellen. Und Kombination von allem. Mit Steigungen meine ich, daß jedes Prozent zu dem Geschwindigkeitsverlust von etwa 9 km/h führt.

Ein Stück der Pracht

Was hinauf teilweise zu Vmax 40, 30, 20 führt und bei im Nacken sitzenden 40-Tonnern zur Ausbildung großen Selbstbewusstseins führen kann, ist bergab nur peinlich, da der Hänger zum selbstständigen Überholen neigt und mit Bremsmanövern im Zaum gehalten werden will. Mehr als Tempo 60 traue ich mich nicht. Ich stelle mir ansatzweise vor, mir platzt wieder ein Reifen, und ich muß einfach auf der echten Fahrspur stehen bleiben, weil es keinen Standstreifen gibt. Außerdem habe ich bei einem kurzen Kontrollhalt bemerkt, daß sämtliche elektrischen Lichter ausgefallen sind und noch nicht mal Warnblinker geht. Oh Gott, wir werden alle umkommen!

Nein, entscheide ich! Lieber fahre ich kurz vor Weimar raus, nehme ein Hotel und trinke Bier. Weiterfahren tue ich morgen. Der Empfänger der Karre ist eh bereits informiert. Mein Mantra lautet seit einiger Zeit sowieso „Morgen wird alles besser.“ Nur wie?

Am folgenden Tag starte ich früh, die Batterie ist wunderbarerweise voll da, doch ich verspüre so etwas wie Lebensmüdigkeit. Ich stelle mir vor, daß die doppelte Intensität solchen Sentiments einen Menschen zum Suizid treiben könnte, fahre aber tapfer los. Es ist die übliche Litanei aus Steigungen und Baustellen, ich füge mich in das Unabwendbare, meine Unlust steigert sich in Schwermut. Bis die Sache mit der Brücke passiert. Also, passiert ist eigentlich nicht so viel und dann eher innerlich. Wie ich nämlich so über eine Kuppe gekrochen komme und mit Bremse und niederen Gängen hantiere, damit die ganze Schose sicher den Berg wieder herunterkommt, sehe ich vor mir eine dieser sehr, sehr hohen Autobahntalbrücken. Nicht genug, fängt direkt davor eine Baustelle an, die die rechte Spur in einem Schlenker auf die rechte Brückenseite führt, die linke Spur auf die linke Seite. Mit dem Rechtsschlenker geht es noch, als zusätzlich Schikane über eine zwar geglättete, aber stattlich Kante.

Sofort war sämtliche Lebensmüdigkeit vorbei. Adrenalin schießt hektoliterweise durch alle Zellen. Wenn jetzt die Bremsen versagen, ein Reifen aufgibt und ach, die Lenkung knackst auch manchmal so verdächtig, ojemine, dann kann ich entweder in den Gegenverkehr braten oder es reißt mich zu weit nach steuerbord durch das streichholzartige Brückengeländer in eine Tiefe von ca. 200 Metern und ich bin tot, tot, tot, tot. Zerschellt. Rote Stampfkartoffel.

Diese Vorstellung treibt mich zu äußerster Konzentration, ich schwitze Blut und Wasser, nehme auf der Stelle 200 Gramm ab, kümmere mich um nichts als das vorliegende Hindernis und schaffe es wimmernd, mit rappelnder Lenkung hindurch, schwöre mir 100 mal ‚Nie wieder‘ und will nur noch leben, leben, leben!

Irgendwann mittags und dutzende Male Steigung-Brücke-Baustelle später komme ich in Korbach/Nordhessen an.

Korbach in Mittagstaumel

Der neue Besitzer erwartet mich freundlich, scheint mir die Strapazen aber anzusehen, denn er witzelt, daß er den Haufen Schrott nicht mehr haben will, und ich ihn doch wieder mitnehmen solle. Eher stecke ich die Karre an, auf seinem Hof, entgegne ich, und das sitzt. Nach kurzen Nachverhandlungen mit Mirko, dem Verkäufer, drückt er mir mehrere tausend €uros in die Hand und läßt mich nach Kaffee und Kuchen von seinem Sohn zum Korbacher Bahnhof bringen, wo ich eine Regionalbahn nach Kassel besteige. Die Fahrt geht 90 Minuten durchs beschauliche Hessenland, dem mitteldeutschen Einfamilienhaus-Eldorado. Insofern kaum eine Hochgeschwindigkeitsstrecke und kein Fortschritt zur fahrenden Schrömmelküche.

Nordhessiches Idyll entlang der Strecke der Kurhessenbahn

Der ICE-Train von KS-Wilhelmshöhe ist schon flotter, aber auch keine Rose ohne Dorn: Kurz vor Braunschweig hängt ein Kinderdrache in der Oberleitung – Low-Tech beats High-Tech – und ein munteres rangieren durch das südliche Niedersachsen nimmt seinen Lauf: Zurück nach Lehrte, warten auf ein anderes, freies Gleis, noch mehr warten, dann heut mal Wolfsburg statt Braunschweig und dann endlich, endlich wieder in Berlin. Im Ostbahnhof busserl ich den Bahnsteig ab wie ein Papst.

Den Ostersamstag dann muß ich mich natürlich erholen. Mit Henning, dem treusten innerstädtischen Reisebegleiter, fahre ich nach Potsdam zum Viertligaspiel des Babelsberg 03 gegen FC Karl-Marx-Stadt. Sofort nach Ankunft sind wir uns einig, daß das unser Lieblingsklub wäre, wenn es nicht so verdammt weit raus wäre. Ansonsten ist alles da, was der gebildete Fan so braucht: Schön gelegenes Stadion zwischen Park und gediegener Wohngegend, mit dem schmucken Namen eines Sozialisten (Karl Liebknecht), skurrile Details wie die klappbaren Flutlichtmasten, ein St. Pauli kompatibles Publikum, hübsche Frauen, überdurchschnittliche Bier-, Nahrungs- und Fanartikelversorgung und die Fangespräche untereinander sind in unserem Stehplatzumfeld aller Ehren wert („Also ich hab da so’n Problem mit meinem Pool…“)

Der dahinter liegende Babalsberger Schloßpark ist Weltkulturerbe, und deshalb dürfen die Masten nur zu Flutlichtspielen zu sehen sein.

Aber vielleicht ist mir das auch zu viel des Guten oder alles viel zu Déjà-vu, und es ist ja auch echt ganz schön JotWeDe. Aber als Abwechslung ganz dufte. Ach ja, 3:1 gewonnen haben die 03er auch noch, was die sächsische Glatzenhorde natürlich zu Pöbeleien reizt. Ganz normal also. So und jetzt feier ich Ostern und in 3 Tagen melde ich mich dann aus der neuen Welt. Kinners, wat’n Lehm!

Mittwoch, 8. April 2009

Fastenbrechen


So, die Zeit ohne Alkohol ist vorbei. All die Vorstellungen, wie der erste Schluck nach sechs Wochen Abstinenz sein wird, auch. Auf dem Heimweg von meiner neuen Arbeit kehre in Kreuzbergs bestem Schnapsladen ein und kaufe ein Pülleken Babancourt. Zu Hause angekommen stelle ich sie auf den Tisch und wir blicken uns lange an, Babancourt und ich. Ein wenig bin ich in Sorge, ob ich dieses Teufelszeug überhaupt noch runter bekomme. Ich stelle mir eine spelzige Roggenähre vor, die mir die Strotte wieder hinauf will. Innerlich tobe ich, Babancourt bleibt stoisch. Seine Ruhe steckt mich an, ich bin cool soweit und völlig leidenschaftslos trinke ich.

Der erste Schluck ist sperrig, der zweite schon viel weniger, beim dritten ist die Lampe an. Dann geht jetzt wohl seinen Gang.