Freitag, 19. Juni 2009

Ist wieder alles sowas

Es geht doch nichts über den Besuch einer ungewohnten kulturellen Veranstaltung. Ich gehe da eigentlich zu allem hin, was man mir anrät, da ich schlichte weg zu faul bin, mir aus dem TIP oder der Zitty mir irgendwas herauszusuchen, wenn mir nach was Außergewöhnlichem ist. Allein dieses Blättern auf mehreren Seiten und dann dieses ganze kleingeschriebene Gedöns; da wird mir sofort ganz anders, so übellaunig irgendwie, als packte eine versammelte Ungeduld mich am Kragen und schüttelte meine Augäpfel im Schädel umeinander, daß ich kaum was lesen kann und mich den Rest des Tages über die Unbilden der Welt auslassen möchte.

Wie froh bin ich dann immer, wenn ich einen Anruf bekomme, in diesem Falle von meinem geschätzten Freunde Marek, dessen Freundin Dzenia eine Performance eines russischen Künstlers in den sagenhaften Sophiensälen in Mitte empfiehlt. Über die Internetzseite der Spielstätte will ich mich über das Projekt informieren und kann über den „Regisseur“ Alexander Petlura und seine Installation, daß es sich bei ihm um einen „Sammler weggeworfener Alltagsgegenstände“ handelt, derer es wohl einige Tausend sein mögen. Mit diesem „schier unerschöpflichen Reservoir an Kostümen und Requisiten“ und einigen Darstellern stellt er in der „Tradition der Tableaux Vivants“ die „Identität Russlands nach“. Bei so einer Ankündigung wird mir per se schon eigentümlich, doch mich unerschütterlich wähnend radele ich hin, treffe meine beiden Freunde, zahle den ermäßigten Eintritt von 8 € und bewundere die Schönheit des reichlich abgeranzten Foyers, was mich milde stimmt.

Mehr und mehr Menschen kommen, viele Russen, der Raum schnattert munter. Der Beginn der Veranstaltung verzögert sich leider um etwa eine halbe Stunde, dann endlich ist Einlass. Die Bühne ist ebenerdig, davor reihen sich die harten Stühle auf Stufen empor. Eine Leinwand zeigt Stummfilmbilder aus den Zeiten nach der Oktoberrevolution, und obwohl schon alle längst sitzen, passiert nicht viel mehr. Dann endlich, betreten der Meister und eine Blondine im Bauernkleidchen den Platz, er redet russisch, sie übersetzt. Alles wird noch einmal erklärt und auf die Originalität der Kostüme und anderen Requisiten wird wieder und wieder explizit hingewiesen – ‚muß echt ´ne komplizierte Angelegenheit sein‘, denke ich – dann übergeben die Beiden die Bühne ihrem Schicksal, dann wird auf der Leinwand eine ‚1‘ gezeigt. Endlose zwo Minuten, dann einige kyrillische Buchstaben, genauso lange und endlich, endlich betreten drei Menschen in bäuerlichen Gewändern und bäuerlichen Utensilien den Raum und bewegen sich sehr langsam ausgesprochen bäuerlich. Sie scheinen Zeit ohne Ende zu haben, denn weiter passiert nichts. Interessant dabei ist allerdings, ihre Unwissenheit über den Raum zu sehen und wie sie kaum eine Ahnung haben, wo sich ihre Mitspieler befinden. Sie scheine ihre Choreografie nicht geübt zu haben. Jedenfalls muß der Jüngling auf Rechtsaußen ständig aufpassen, daß die Dicke in der Mitte in nicht ständig mit ihrem Harkenstiel piekst. Und das, wohlgemerkt in Zeitlupe, ein Tempo, welches auch die anderen Darsteller an den Tag legen, die nun vermehrt die Bühne bevölkern. Da kann ich einen dekadenten Burschwah erkennen, verschiedene Revolutionssoldaten, feine Damen, die von letzteren bedrängt werden und schließlich Lenin, der von einer Art Funkenmariechen umschwärmt wird. Und nicht einer, wirklich nicht einer, wirkt auch nur entfernt so als wüsste er, was er da macht oder überhaupt machen soll. Mir dräut der Gedanke, daß sich ein russischer Messie da irgendwas zusammengebastelt hat, nur damit er mal seinen Plunder vorführen kann.

Nach 20 Minuten ist’s vorüber, und Marcus fragt mich wie ich es finde. Ich ringe nicht lang um Worte: „Noch nie habe ich so einen unsäglichen Mist gesehen.“ Man stimmt mir zu und mit dem festen Entschluss auf die weiteren „Tableaux“ zu verzichten nehmen wir noch ein Bier im Foyer. Dabei tragen wir noch zusammen, was uns an Schelte einfällt. Harsche Worte fallen durchaus: „Pennälerulk“, „völlig dilettantische Scheiße“, „Krönung der Mittelmäßigkeit“ etc., wobei die jeweils Zuhörenden dem Redner eifriges Nicken und „Jaja“ entgegenbringen.
Als die Zuschauer den Saal wieder besetzen, und es klar ist, daß wir dem weiteren Treiben fern bleiben werden, gesellt sich eine mitfühlende Angestellte zu uns. Mit verschwörerischer Miene steckt sie uns, daß es im Anschluß an den zwoten Akt ein Buffet geben werde. Das könne uns bestimmt versöhnen, schließlich könne man so den Eintritt wenigstens abessen. Und noch während sie derart weise spricht, bringen jungsche Schergen kalte Platten, die sie eifrig auf Biertische drapieren. Das hebt die Laune in der Tat. Doch nach dem Ende der Vorstellung decken dieselben Bediensteten die Speisen hastig wieder mit weißem Tuch zu und dieselbe Verschwörerin nuschelt etwas von „…Rede vorher…“ und „DJ macht Musik danach…“. Dann eben noch ein Bier, um die Zeit zu überbrücken, und als ich die Runde bezahlen will und junge Mann hinterm Tresen für das Zusammenrechnen von zwo Wein und einer Molle grenzdebil nach einem Taschenrechner sucht, wird mir schlagartig klar, daß das mit dem Buffet vor den nächsten anderthalb Stunden auch nix werden wird.

Auch Marcus und Dzenia sind sichtlich erschüttert. Gemessen schlucken wir unsere Getränke, noch einmal rasch zur Toilette und auf dem Rückweg einen Flyer zum Projekt gegriffen, auf dem all die Schuldigen des Abends stehen. Als mein Blick zum Seitenende schweift, muß ich echt erkennen, daß dieser Humbug auch noch gefördert wird. Neben den üblichen Verdächtigen wie z.B. die ‚taz‘, ‚Zitty‘ und ‚Radio 1‘, steht da der ‚Hauptstadtkulturfonds‘ und wahrhaftig das ‚Goethe-Institut‘! Mir stellt sich sofort die Frage, ob die sich den Krams, für den sie ihr Geld hergeben überhaupt je mal haben zeigen lassen und ob ich da nicht auch mal vorstellig werden sollte.

Nichtsdestotrotz pöbele ich draußen auf der Straße noch ein wenig umeinander. „Mittestricher!“ entfährt es mir unwillkürlich für diese Bagahsch von Publikum, denen man zu ihrem Buhei nur irgendeine dahergelaufene Sau durchs Hauptdorf treiben muß, damit sie des Kaisers neue Kleider bestaunen können.
Voller Stolz und Pathos verabschiede ich mich von Marek und Dzenia und radele noch nach Kreuzberg, zum „Curry 7“, wo es die beste Currywurst der Stadt gibt. Da weiß man, was man hat!

Samstag, 6. Juni 2009

Unsere Heimat, das sind nicht nur ...

Ein freier Tag unter der Woche ist was ganz was Feines. Da kann man fernab vergnügungssüchtiger Großstädter unbehelligt einen Ausflug machen. Am besten noch irgendwohin, wo es wieso schon total abgelegen ist, wo selbst die abenteuerlustigsten Touristen die Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln scheuen.

In der Tat ist das Luftwaffenmuseum auf dem alten britischen Militärflughafen Gatow auf der anderen Wannseeseite zwar noch auf Berliner Boden, aber ohne ein Automobil nur unter großem Zeitaufwand und persönlichem Einsatz und unter horrendem Verschleiß des eigenen Schuhwerks zu erreichen. Immerhin ist dann, nach etwa zwo Stunden Busfahrt und einer ¾ Stunde Fußweg der Eintritt frei und das Gelände groß.

Da ich die Umstände von einem früheren Besuch schon kenne und sie Henning eindringlich telefonisch schildere, überrede ich ihn listig zu einer Fahrt mit meinem SEAT. Es ist um die Mittagszeit, der sonst quälende Hauptstadtverkehr ist noch relativ flüssig, lediglich einige der zahlreich vorhandenen und äußerst baseligen Berliner Verkehrsteilnehmer bringen mich hier und da kurz in Wallung, sehr zu Hennings Vergnügen.

In Spandau biegen wir von der Heerstraße ab nach Süden, fahren noch einige Kilometer am ehemaligen Mauerstreifen entlang und erreichen nach 39 km und 43 Minuten einen viel zu großzügig bemessenen Parkplatz. Sieben anwesende Fahrzeuge lassen ihn leer erscheinen.

Henning ist schwer begeistert

Durch einen Informationscontainer gehen wir am freundlich grüßenden Personal vorbei und stehen erstmal vor einer großen Transportmaschine der Marine. Rasch knipst Henning ein Bild, dann marschieren wir flugs über ein Feld mit sammelsurisch verstreutem Militärgerät, von dem nur ein Teil klare Auskunft über den Verwendungszweck gibt.

Unklare Ausstellungobjekte! Sechs!

Da der Wind heute frisch zur Sache geht, schütteln wir nur kurz die Köpfe, machen uns lieber weiter zu Hangar 7, wo die Ausstellung zum 50-jährigen Jubiläum unserer geliebten Luftwaffe Auskunft über ihre diversen Betätigungsfelder und die bewegte Vergangenheit gibt. Mit Trümmern fing es seinerzeit an – kaputte Motoren und Propeller geben Zeugnis – und mit einer MIG-29 endet es. Dazwischen wird auch der ehemalige Verteidigungsminister Strauß erwähnt und ein ‚Starfighter‘ ausgestellt, den dieser in rauen Mengen für unser Land gekauft hat und die leider auch in rauen Mengen ohne Fremdeinwirkung einfach vom Himmel fielen.

Außer einigen anderen historischen militärischen Fluggeräten fällt eine ‚Phantom‘ besonders auf. Sie ist erstens riesig, so riesig wie wir uns das nicht vorgestellt haben. Zweitens ist davor eine ganze Reihe möglicher Bewaffnung, bis hin zu putzigen Streubomben, nett davor drapiert, so daß wir uns drittens fragen, warum an keiner Stelle die Konsequenzen der Verwendung solcherlei Geräts erwähnt wird und uns viertens doch auffällt wie sehr der Fokus der Kuratoren auf die technischen Details gerichtet ist.

Historisch oder aktuell?

Auch die weiteren Ausstellungen im Tower und in Hangar 3, wo u.a. WK I und WK II behandelt werden, ergehen sich in Erklärungen der technischen Entwicklungen und dem Herzeigen von Uniformen und dubiosen Klimbims (z.B. Richthofens Zigarettenetui). Nicht einmal die Rolle der ‚Legion Condor‘ wird bedauert und selbst, daß die noch lebenden Teilnehmer der Bombardierung Guernicas bis in die 90er Jahre an Offizierstreffen teilnahmen und unreflektierte Bewunderung genossen, wird lediglich mit einem Satz festgestellt. Sogar bis 2005 trug ein Jagdgeschwader den Namen des Flugzeugführers der ‚Legion Condor‘, Mölders. Abzeichen mit dem alten Namen kann man immer noch im Museumsshop kaufen. Sind aber bestimmt nur Altbestände und zu Schade zum wegschmeißen.

Das freundliche Personal zeigt, uns zuliebe, eine kleine Fertigkeitsprobe

Nachdem Verlassen der Hallen mit ihren perfekt restaurierten historischen Maschinen aus mehr als einem Jahrhundert erwartet uns der Sonnenschein und das weite, alte Rollfeld, auf dem die wahren Schätze für die Freunde des Skurrilen warten. Im Freien präsentieren sich Hubschrauber, Kampf- und Transportjets aus der Zeit nach WK II bis fast heute. Durch ihre dem Wetter schroff exponierte Lage befinden sie sich natürlich in einem Zustand fern allen Hochglanzes. Was manchmal auf den ersten Blick wie tiefer gelegt aussieht ist in Echt verwittertem Fahrwerk geschuldet. Anstrich der einst geschätzten Hightech-Geräte ist oft abgeplatzt, Plexiglas in Kanzeln ist vergilbt, Rost zeigt selbst hier die Idee von Sein, Werden und Vergehen, Hoheitszeichen sind teilweise kaum noch zu erkennen; ein Fakt bei fast allen ausgestellten Flugzeugen der NVA, aber nicht nur dort.

Ehemaliger Arbeiter- und Bauernglanz

Rentner spazieren hin und her. Sie schnalzen kennerhaft mit ihren Zungen, als pfiffen sie jungen Mädchen hinterher. Wäre die frühlingshafte Sonne nicht, gäbe ich mich deprimierenden Betrachtungen über allgesamte Endlichkeit hin. So aber schreiten wir die Reihen der stählernen und ausrangierten Helden ab, freuen uns über die eigene Lebendigkeit und daß unser Staat für ein Museum noch so viel Mücken abdrückt, daß wir keinen – ich betone das gern noch einmal – Eintritt zu bezahlen brauchen. Frohgemut und doch ein wenig stolz treten wir die Rückreise an.

Montag, 1. Juni 2009

Kann auch, geht alle

Seit einigen Jahren gibt es in unserer schönen Stadt ein alljährlich zu Pfingsten wiederkehrendes Ritual. Es heißt „Karneval der Kulturen“ und soll in Form eines Straßenumzugs, wenn ich korrekt informiert bin, der Xenophobie fantasievoll entgegentreten und der völkerverständigenden Toleranz Vorschub leisten, sowie immer aufs Neue demonstrieren, daß Multikulti eine tolle Sache ist und dennoch funktioniert. Anders als Sozialismus.

Seit ich vor etwas mehr als einem Jahr hierher zog, habe ich hier und da von den unterschiedlichsten Leuten über diese Veranstaltung gehört. Da gibt es diejenigen, die Augen rollend abwinken, andere, in deren Gesichtern und Worten ich echten Ekel erkennen konnte und sogar einige, wenn auch wenige, die umgehend weitschweifigen Hasstiraden Auslauf geben, werden sie nur auf das Ereignis angesprochen. Mitunter war sogar von stark behaarten Damen die Rede, die sich mit Birkenstöckern an den Füßen aufführten wie brasilianische Transen.

Doch es gab auch mildere Stimmen, die den ganzen Umzug als buntes Schauspiel feiern und darin ein ordentlich gelungenes Festival mannigfaltiger menschlicher Kreativität sehen. Hmm. Sicher finden die auch ‚Roncalli‘ ganz dufte und mögen die Filme von Wim Wenders.

Derart mit Skepsis gesegnet und obendrein wegen einiger Unpässlichkeiten im Verdauungsbereich gehörig gnatterig, versichere ich mich noch auf rasch der Begleitung von Dietrich, einer der großen Misanthropen unserer Zeit.

Das ist nicht Dietrich, sondern eine besonders mitfühlende 4-Sterne-Hackfresse

Mit dem Rad ist es nicht weit und Dank meiner hervorragenden Ortskenntnis finden wir schnell zur Gneisenaustraße, eine 4-spurige Schneise durch Kreuzberg mit parkähnlichem Mittelstreifen. Es ist ordentlich was los dort. Offizielle sprechen von 1,5 Millionen Besuchern aus dem ganzen Bundesgebiet. Das sind erstmal beeindruckende Zahlen. Die möchte ich nicht in Zweifel ziehen, denn auf der ‚Gneise‘ ist es wirklich voll.

Aus der Ferne ertönt Trommelgeräusch und Krakeel, dem wir entgegengehen. Es ist der Anfang des Zuges, der sich langsam durch eine Menge von Schaulustigen wälzen muß. Wir beschießen doch wieder in Marschrichtung zurück zu gehen, wo noch etliche Lücken am Straßenrand sind und dort geduldig und in besserer Position das Ereignis abzuwarten, ein taktischer Schachzug, der sich lohnt. Nach etwa einer halben Stunde, die die erste Gruppe für die 150 Meter bis zu uns braucht, können wir erkennen, was den ganzen Radau veranstaltet. Es ist eine größere Anzahl von gelb-weiß gekleideten Menschen, die Dietrich zuerst für eine Volkstanzgruppe aus dem Vatikan hält. Doch die mit Trommeln vorgetragenen Rhythmen und die beleibten, singenden schwarzen Damen auf dem LKW deuten unzweifelhaft auf des Deutschen Lieblingsexoten hin: Brasilianer.

Brasilien war schon immer ein bliebtes Auswanderungsziel für uns Deutsche.

Wenn man genauer hinguckt kann man aber sehen, daß dieser Karnevalsverein ein wenig schummelt. Etliche, der nett gekleideten Tänzer und Tänzerinnen sind hellblond, deutlich über sechzig und haben die Physiognomien teutonischer Hausfrauen. Was sie nicht hindert verzückt südamerikanisch zu tun. Birkenstocks sehe ich zwar keine, aber ein Paar TEVA-Sandalen schon. Ohne Socken immerhin.

Hernach zieht ein Trupp Pinguine vorbei. Es bleibt unklar, welchem Kulturkreis sie angehören. Auch sie trommeln.

Danach weiß beschmierte Leute, ebenfalls keiner eindeutigen Herkunft zuzuordnen, aber auch trommelnd.

Die Bäckerinnung

Dann endlich ein Lichtblick: Es ist ein kleines Grüpplein Schweizer, und sie trommeln nicht einmal. Sie schleppen große Alphörner mit sich, die sie ab und zu absetzen, um darauf erhebend zu blasen. Sie scheinen mir auch die authentischsten zu sein. Welcher Deutsche möchte auch schon zu so einer unexotischen Volksgruppe gehören?

Für nationale Identitätsverschiebung zeichnet erst wieder der nächste Tross verantwortlich. Es sind, man ahnt es schon, vorwiegend sehr hellhäutige brasilianische Studienräte und Studentinnen mit Trommeln, gefolgt von lustigen Clowns mit Trommeln.

Hier fehlt der Bezug zum Migrationshintergrund leider völlig

Die „Töchter der Wüste“ bieten dann mal ein wenig Abwechslung, doch wohltuend ist hier nur die Abwesenheit von Trommeln. Sie Damen stellen Bauchtänzerinnen dar, ein Beruf, der heutzutage wohl nur noch von deutschen Hausfrauen ausgeübt wird, deren Hemmschwelle, was das Herzeigen von Wellfleisch angeht, bodenlos ist. Daß diese Frauen hier mal Töchter waren ist schon ´ne Weile her.

Fatima Racherbäumer mit einer gewagten Volte

Danach sehe ich schon wieder etwas Grün-gelbes kommen, womöglich mit Trommeln. Als ich noch dahinter einen großen Wagen mit der Aufschrift „Deutsch-Kamerunischer-Kulturverein“ erblicke, vermutlich mit Trommeln, erzähle ich Dietrich davon mit der Absicht, ihn zu gehen zu überreden. Dazu gehört nicht viel, blicke ich doch in das Gesicht eines völlig desillusionierten Kulturpessimisten. Wir bahnen uns den Weg zu den Rädern, fahren von dannen, sind erleichtert. Und dann, nur drei Straßen weiter, fällt mir ein, was ich u.a. an dieser Stadt so liebe: Sie ist so groß, daß von keiner Veranstaltung nichts mitbekommen muß, wenn man nicht will. Nur drei Straßen weiter, und der ganze Spuk ist reine Parallelwelt. Und um mich herum ist immer noch Urbanität.