Mittwoch, 14. Oktober 2009

Noch 5 1/2 Monate

Es ist kalt. Es ist nicht frisch, nicht schruppig, nicht kühl; es ist kalt. Von einem Tag auf den anderen. Wir werden von nördlichen Luftströmen beglückt, die sich ungehobelterweise von Nordfinnland über uns ergießen. Wie immer in solchen Fällen erster Herbstkälte im Jahr bin ich verunsichert, was ich anziehen soll. Denn es ist, wie ich eingangs bereits erwähnte kalt und zum anderen scheint die Sonne. All meine Erfahrung in solchen Situationen abrufend, entscheide ich mich für ein Ensemble aus dicken Socken, leichtem Schuhwerk, Nietenhosen und obenrum Fleece und Windjoppe und als ich aus dem Hause komme ist die Sonne weg; anstatt dessen plästert mir eisiger Hagel mit Vehemenz in die Fresse und macht mir deutlich, daß ich mal wieder nicht an alles gedacht habe: Ein Käppi wäre jetzt schön.

Da oben hängt sie schon: 1 Wolke mit kaltem, eklem Naß

Ich habe kein großes Ziel, nur ein wenig meine Monatskarte nutzen. Ich steige sodann in die U-Bahn und sehe zu, daß ich zum Brandenburger Tor komme. Dort will ich einmal einen Blick auf die neue Linie U55 werfen, die sogenannte Kanzler U-Bahn, die sage und schreibe drei Stationen aufweist, inkl. der beiden Endbahnhöfe. Muß wohl alles sehr modern sein, denke ich und ist es auch. Nichtsdestotrotz finde ich einen Haufen Zweckbeton vor. Ich fahre dann mal eine Station bis zum Bundestag, in der Hoffnung hier einige MdBs vorzufinden, die warten, zum Hauptbahnhof mitgenommen zu werden. Weit gefehlt. Die Station hier ist genauso unbelebt wie die davor und das kleine Bähnle im Allgemeinen.

Dies ist die Schweizer Botschaft, nicht der Bundestag. Irreführend! Sechs!

Ich steige mal aus, um mich ein wenig umzuschauen. Dabei fällt mir auf, daß der neue Hauptbahnhof nur einen Katzensprung entfernt ist. Ich frage mich unwillkürlich, ob es je einen Parlamentarier geben wird, der, wenn er überhaupt Bahn fährt, direkt nach seiner Ankunft mit der neuen U-Bahn zum Bundestag fährt oder aber irgendeinen Touristen, der sofort und stante pede das Brandenburger Tor sehen muß und ob man beides nicht auch zu Fuß erreichen kann, so nah es beieinander liegt.

So voll ist die "Neue" am Hbf

Gemütlich schemme ich also zum glasbewehrten Monument der Mobilität, knipse hier und da das großartige Licht, fahre dann nach Haus, da sich der nächste Hagel ankündigt. Daheim verfalle ich in Schwermut. Ich führe das auf mein kindliches Gemüt zurück, denn ebenso wie ich noch vor einem Monat mir nicht vorstellen konnte, daß die Sommerhitze ein Ende finden könnte, habe ich nun keine Vorstellung, es könne einmal wieder warm werden. Wie ein Dreijähriger, der sich einen Dorn in das Fingerchen gestochen hat schenke ich meinem inneren Vater keinen rechten Glauben, daß das Leid einmal ein Ende haben wird. Und zugegeben; mein Mantra ‚In 5 ½ Monaten ist alles wieder vorbei‘ klingt ja schon nach einer halben Ewigkeit.

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