Mittwoch, 9. September 2009

Süßwasserkapitäne (Teil 2)

Für den Montag ist hübsches Wetter angesagt. Also sind wir früh draußen. Diesmal ist Boris mit von der Partie. Er hat sich sogar Ohrenstöpsel mitgebracht, um dem Gedröhn des japanischen Außenborders zu entgehen. Dabei ist doch Tohatsu-san unser Garant fürs Fortkommen. Segeln ginge gar nicht, bei den ganzen Brücken, die uns im Wege sind und außerdem ist so ein Motor doch auch das eindeutige Zeichen von Fortschritt. Auf meine Frage, was er dagegen haben könne, höre ich nur ein läppisches „zu laut“. Hat man noch Töne?!

Noch ist alles friedlich

Bei Ankunft an Kirks Hafen liegt die Rummelsburger Bucht im Morgentau ganz malerisch vor uns. Das Wasser ist spiegelglatt, ein leichter Frühnebel wabert noch, einige Enten quaken sinnentleert vor sich hin. Quick klaren wir die „Marlen“ auf, betanken unseren Wunderwerk fernöstlicher Ingenieurskunst. Ein Riß an der Leine, und schon knattert er los. Erschreckte Wasservögel stieben auseinander, Möwen kreischen im Takt dazu und suchen Sicherheit, fast scheint mir, als wäre der Reiher am Ufer vor Schreck fast gestolpert. Die Leinen losgeschmissen, den Vorwärtsgang eingelegt, ¾ Kraft voraus machen wir hübsch Welle, fahren Spreeaufwärts Ideallinie. Um Schiffahrtszeichen kümmern wir uns nicht, es ist ja kein Verkehr. Nur einige verschrobene Angelbrüder sitzen an den Ufern und rollen mit den Augen. Aber sie können uns nix.

Tohatsu-san singt sein Lied

Bald schon sind wir in Oberschöneweide, passieren hübsche Villen, alte Fabriken, zauberhafte Ruderhäuser, Campingplätze und drumherum ist alles grün und vegetativ. Bei Köpenick biegen wir auf die Dahme ab, ein kleines Flüßchen, was uns nach dem Süden hin bringt. An der Umgebung ändert sich nicht viel, es ist immer noch ganz schön urban. Erst als wir die Regattastrecke der 36er Olympiade in Grünau hinter uns lassen und auf den Langen See kommen wird die Szenerie etwas weiter und dünner besiedelt. Kurz vor Schmöckwitz, an der Einmündung der Krampe bekommen wir noch mal Häuser zu sehen. Doch bald dahinter beginnt der Zeuthener See, Berlin liegt hinter uns und Seen wechseln sich munter mit Durchfahrten ab.

Ein Hauch von Exotik

Mal ist es weit und spärlich bewohnt, dann wieder steht eine niedliche Datsche neben der anderen. Umsäumt von Schilf und Bäumen erinnern die kleinen Wassergrundstücke in ihren Ansammlungen ein ganz klein bisserl an das Tigre-Delta bei Buenos Aires. Das Wasser ist aber nicht so schlammig, und es ist nicht ganz so warm hier, obwohl die gelbe Sau sich Mühe gibt.

Köpenick voraus

In Königswusterhausen muß nochmal geschleust werden. Krimnicksee, Krüpelsee, Biesdorfer Fließ heißen unsere nächsten Etappen. Zwischendurch gibt’s Knäckebrot mit Sardinenpaste und Äpfel. Auch Tohatsu-san verlangt immer wieder Stoff. Durch eine Laune der Natur hat er nämlich nur einen kleinen, integrierten Tank im Gehäusekopf, der nur einen Liter fasst. Das ist tatsächlich ein wenig spärlich, wo er doch ganz schön durstig ist.

HO-Schleuse

Nun ist es nicht mehr weit und die größeren Gewässer, Schmoldesee, Hölzerner See und Klein Köriser See habe nicht mehr so viel Liebreiz zu bieten. Erst die Durchfahrt durch den Moddergraben in den Kleinen und den Großen Moddersee bringen wieder etwas Spannung. Schließlich sind die Namen hier Programm. Aber unser Kaptein steuert uns sich hindurch, auch unter der Zugbrücke vor dem Schulzensee mit nur 1, 65 Meter lichte Höhe kommen wir elegant hindurch. Noch ein kleiner Kanal und der Zemminsee ist erreicht. Der Rankenhof, „Marlenekens“ Liegeplatz liegt vor uns.

Endlich: Der Rankenhof

Maststellen und aufriggen sparen wir uns für heute. Gut sechs Stunden hat die Fahrt gedauert, und Mehlig Bey ist eh bereits mit dem Auto da, um uns nach Berlin zu holen. Wir lassen also alles wie es ist und schemmen lieber wieder in die Großstadt. Mit dem Auto geht das übrigens doch schneller.

Boris ist der Mann links; nach dem Gebrauch von Ohrstöpseln

Am Abend läßt Roland es sich dann nicht nehmen, mich bei einem chinesischen Restaurant zum Essen einzuladen. Boris und Marek sind auch anwesend und unter Verbreitung von allerhand Seglerlatein schaufeln wir doppelt gebratenen Schweinebauch, Fisch bäuerlich, scharfe Rinderinnereien, Sülze mit fünf Gewürzen und anderes Zeugs in unsere hungrigen Mäuler. Die Stimmung ist bomfortionös und ich finde, fast gerührt, daß ich großartige Freunde habe.

Seemann, laß das Träumen

Den Heimweg trete ich dann, ich bemerke es allerdings erst später, mit verschiedenen Soßen auf Hose und Hemd lustig bekleckert an. Hihi.

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