Mittwoch, 22. April 2009

Virginia Beach, VA

Ich bin wieder in einer Public Library. Es scheint der einzige Ort in diesem Land zu sein, den man fuers Internet benutzen kann, sofern man keinen eigenen Computer hat. Hier darf ich sogar mehr als 15 Minuten daddeln, und es ist umsonst, dafuer darf ich aber keine Bilder hochladen. Bisschen schad ist's schon, aber immerhin ein Fortschritt zu heute morgen.

Gleich nachdem ich die bereits erwaehnten 15 Minuten in Cape May rum hatte, bin ich in einen Buchladen und will mir sowas wie einen Hostelfuehrer kaufen. Im Internet ist das etwas schwierig, die in der Naehe befindlichen Hostels zu orten, da sie nicht nach Staaten geordnet sind, und wer weiss schon, wo die einzelnen, angegebenen Staedte und Doerfer so sind. Letztes Jahr in Suedamerika konnte ich mich darauf verlassen, dass egal wo ich hinkam, irgendwas zum uebernachten in einer unteren Preisklasse und mit netten Leuten obendrein zu finden war und das gleich mehrfach. Hier ist das nicht so. Nein, nein. Hostels sind rar gesaet. Das naechstguenstige sind dann immer Motels, die erstens 2-3mal soviel kosten und zwotens ziemlich oed sind.

Als ich dann so im Buchladen stehe und denn jungen Verkaeufer nach sowas fragte, hat der natuerlich keine Ahnung, eine fuer hiesige Verhaeltnisse recht haeufiges Verhalten. Bereits Tags zuvor habe ich auf Fragen zumeist voellig unzureichende bis total stupide Antworten bekommen, selbst wenn es nur die Frage nach einem Postoffice war. Jedenfalls schickt der Buchhaendler mich zur Reiseabteilung, wo alles Moegliche durcheinander steht. Kurz bevor ich dann verzweifelt schon nach einem 'Lonely Liar' schreien will, faellt mir ein 'Let's Go USA-Budget Travelling' in die Finger, auch ein wenig unuebersichtlich, aber immerhin mit guten Tips fuer Uebrnachtungen. Zwar sind auch hier die Hostels nicht gerade ueppig erwaehnt, aber fuers erste suche ich mir eines aus, nicht zu weit, etwa 180 Meilen suedlich. Gluecklich ueber den guten Kauf doedel ich auf die Faehre ueber die Delaware Bay und kommen 1,5 Stunden spaeter im ersten amerikanischen Staat an, mache gleich zur Atlantikkueste weiter, Richtung Maryland, welches auch schon, schwupp, da ist und sich mit Ocean City sofort aufs grauslichste praesentiert und fuer die Sommermonate herrichtet. Linker Hand, zur Kueste hin Benidorm-artige Betonburgen, Triplestoeckige Motels und echte Schrummbuden in Pappkartonformat. Rechts der mehrspurige Durchfahrtstrasse die uebliche Reihe von Einkaufsmoeglichkeiten, schwer durchsetzt mit ungalublich bombastisch dekorierten Minigolfanlagen und Aehnlichem. Mir wird mal wieder bewusst, dass ich kein anderes Land kenne, das seine an sich wunderschoene Gegend mit derart viel unnuetzem Ramsch zupflastert, wohl aus dem einzigen Grunde, dass sie sich davon eine Proftiterhoehung versprechen.

Kaum bin ich aber aus diesem Kaff und von der Kueste weg, gleite ich durch Maryland liebliches Farmland, cruise soft nach Virginien hinueber, mach hie und da einen Abstecher in kleine Orte an der Wasserkante, geniesse den Sonnenschein, und bereite mich auf einen echten Hoehepunkt vor: Die Chesapeake Bay ueberquere ich auf dem Bridge Tunnel, das ist ein Mix aus einer Bruecke, die nach etwa 14 km in einen Tunnel uebergeht, dann nochmal Bruecke wird, nochmal Tunnel und noch ein kurzes Stueck Bruecke. Zu allem Ueberfluss schickt sich der HAPAG-Containerfrachter "Leverkusen Express" an, den zweiten Tunnel zu ueberqueren als ich einfahre. Mich schuettelts etwas bei der Vorstellung, dass dieses 294 Meter lange Schif itzo ueber mich hinwegsegelt.

Ich komme aber ohne Schrammen wieder hinaus und erreiche letztendlich mein Ziel, das 'Angies Guesthouse' wie im Reisefuehrer beschrieben. Ein Hoch darauf! Beim Eintreten werde ich von Ray empfangen, in etwa so alt wie ich und just mit einem Telfonat beschaeftigt. Als er mich sieht, springt er hastig auf und legt sich erstmal auf die Fresse. Beim Hochkommen stellt er sich auch nicht sehr geschickt an, und als er dann endlich in seiner ganzen Pracht vor mir steht, wird mir schlagartig klar, dass dieser Mann stramm wie ein Amtmann ist. Artikulieren kann er sich relativ klar, doch die uebrige Motorik ist schwergaengig wie eine bekloppte Schildkroete. Und hinter ihm, an der Wand, prangen die gesamten Regeln der Einrichtung, vor allem: 'kein Alkohol!' Immerhin bemueht er sich um Professionalitaet und wer bin ich, dass ich ihm seinen Zustand verueble.

Nach ziemlich langen 20 Minuten ist die Eincheckprozedur geschafft, und er zeigt mir das Haus mit seinen Einrichtungen. Als er eine Treppe hinutersteigt bin ich etwas in Sorge, aber erst die letzte Stufe laesst ihn abschmieren. Es ist ihm sichtlich peinlich, aber ich ueberspiele die Situation gekonnt und er faengt sich wieder. Auch emotional.

Jedenfalls habe ich ein Bett in einem Hostel, wie ich es wollte. Es sind zwar keine anderen Gaeste da, macht aber erstmal nix und... uff, jetzt werde ich per rasendem Blinklicht erinnert, dass die Buecherei gleich zumacht und ich enden muss. Meine Guete, was eine Hektik hier wieder. Und ich schreibe schon, als ginge es auf Leben und Tod. Die machen mich alle noch verrueckt hierund ich weiss nicht mal, ob ich irgendwas Verstaendliches von mir gegeben habe. Ochotttochotttochottt!

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