Chas ist 92 und maeht noch immer seinen Rasen selbst
Nach gut einer Stunde hatte ich von diesem calvinistischen Lernausstellung genug und fuhr weiter nach Sueden, an der Kueste entlang zu den Outer Shores von North Carolina, die sich, sobald der uebliche Wust von ewig gleicher Kleinsturbanitaet ueberwunden ist, als ein State Park entpuppen, wo es touristisch weitaus gemaessigter zugeht. Was nicht heisst, dass man am Strand kein Auto fahren darf. Ich bin da erstmal etwas altmodisch und gehe zu Fuss. Der Wind blaest kraeftig, die See ist huebsch rauh, die Sonne ist ganz da, Menschen sind eher wenig, dafuer diese wundervollen Pelikane. Wie sie immer knapp und im selben Abstand ueber die brechenden Wellen fliegen setzt mich wieder und wieder in Erstaunen.
Keine Bange, auch hier tobt bald der Baer
Weiter geht die gemuetliche Fahrt durch leere Marschen nach Cape Hatteras, mit einer kleinen Faehre nach Ocracoke Island, wo ich ein guenstiges Nachtlager zu ergattern hoffe. Doch weit gefehlt. Das billigste ist ein State Campground fuer 20 $, wo es als einzigen Luxus eine kalte Dusche gibt. Einige Nachfragen bei kleineren Inns ergiebt als Minimum ein gepflegtes Huettlein fuer 60 $. Das versteht der Amerikaner nun unter Budgetreisen. Aber ich wende einen Trick an. Ich stelle mir vor, es handelt sich bei dem hiesigen Geld um argentinische Pesos und schwupp, ist alles viel ertraeglicher. Gleich erprobe ich das erlernte und gehe essen. Es ist zwar nicht so’n Hit, aber mit Hilfe meiner Einbildung gehts.
Huebsch san 'mer net, aber fesch!
Den naechsten Morgen starte ich frueh. Die erste Faehre aufs Festland geht um ½ Acht. Sie faehrt 2 ½ Stunden. Eine halbe davon schwaetze ich mit einem Trierer Paar, die sehr stolz darauf sind, nie waehrend der Bush-Aera in die USA gereist zu sein und sich nie mit Bush-Anhaengern unterhalten zu haben. Mir faellt dabei das lange nicht mehr verwendete Wort ‚borniert’ ein.
Cedar Island
Endlich in Cedar Island angekommen, nehme ich mein grosses Vorhaben in Angriff, am selben Tage noch bis in de Westen dieses Staates, nach Asheville zu kommen. Leider haelt mich ein irr gutes Licht und eine an jeder Ecke berauschende Natur auf. Staendig will ich anhalten und Fotos machen. Fuer 30 Meilen brauche ich fast 2 Stunden, auch weil ich bei einem Kaffeekauf in einem shop-in-shop Kitschladen (nennt man hier „Art and Gift“, ohne Scheiss) mit Kaffeemaschine mit 100 guten Wuenschen, Nive Days, Safe Trips und Thank Yous beladen werde, bevor ich aus dem Laden rauskomme. Mich macht das noch ganz kirre. Einmal reicht doch. Ich bin doch nicht taub!
Ist manchmal wie in 'Schoener Wohnen'
Als ich die Interstate 40 erreiche ist es schon Mittag und ich habe noch ein gutes Stueck vor mir. Und dann diese Geschwindigkeitsbeschraenkungen immer! Andererseits bin ich bei den Fahrkuensten meiner gastgebenden Mitbuerger darum ganz froh. Nicht auszudenken, wie das hier ohne aussaehe. Tempi werden aufgrund eingehender Telefonate willkuerlich gewechselt wie auch die Spuren, sodass manchmal selbst 55 Meilen/h nicht zu halten sind. Ein Grauen.
Dennoch komme ich wohlbehalten um etwa 7 hier an. Das Hostel, dessen Adresse ich aus dem dicken Buch habe, finde ich auf Anhieb. Eine niedlich rundliche Miss Schubert heisst mich willkommen. Ich ebkomme ein Bett in einem 4er Zimmer im Keller. Ich freue mich sehr, dass ich fuer dieses Loch nur 23 $ bezahlen muss, was in Pesos ja fast nichts ist. Naja, es ist immerhin sauber.
Meine Bunk
Die Stadt selbst hat etwas Niedliches und eine Art richtigen Kern. Je mehr ich von diesem Ort sehe, desto staerker wird der Eindruck, dass ich mich in einer Art moderner Hippiestadt befinde. Hier sind viele junge Leute, fast alle gepaikert bis zur Halskrause und gekleidet, als lebten sie in Muelltonnen. Die Anzeigen in den lokalen Gazetten bieten ueberwiegend esoterische und anders dubiose Wohlfuehlprogramme an, so als waere die halbe Stadt damit beschaeftigt die andere Haelfte zu kurieren. Da sind sie schon den lieben langen Tag dabei, sich staendig gegenseitig zu bestaetigen und anzuerkennen, und es ist wohl immer noch nicht genug. Das ist mir ein echtes Phaenomen!
Ein weiteres Kuriosum ist mein Versuch gute, harte, eiskalte Euros in schlabberige Dollars zu tauschen In der erstbesten Bank wird mir bedeutet, dass ohne eigenes Konto nix geht. Der nette Manager Mr Watson telefoniert aber rum und findet am Ende eine Bank, die mir fuer die kleine Gebuehr von 25 $ bereit ist, mir zu helfen. Dankend lehne ich ab. Lieber mache ich meine vorletzten Travellerschecks zu Barem, auch eine ziemliche Prozedur, bei der ich ausser 2 Dokumenten, 3 Unterschriften auch noch meinen Daumenabdruck hinterlassen muss. Ich werde hier noch weich! Jetzt heisst es jedenfalls, moeglichst die Kreditkarte sprechen zu lassen.
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