Donnerstag, 7. Mai 2009

Große Hafenrundfahrt

Nu hab ich mich ´ne ganze Woiche nich verlautbaren lassen, buin trozz all wie diese Zeit n och mit de hiesije Tastatour janz verflitscht. Üffken! Muß ick mer am Riemen reißen! Gezz aber!

All die ganze Zeit erfüllte ich mich mit krausen Gedanken über die nahe Zukunft; meinen neuen Job in einem Luxushostel, der, momentan noch auf freier Basis, und meine damit zusammenhängende Furcht, ich könnte sesshaft werden, sollte es zu der unweigerlichen Festanstellung kommen. Zudem drohte die Fahrt in die Provinz, zur Konfirmation meines Patenkinds, dummerweise mit neuerlichem hin- und hergurken durch die Republik verbunden. What an inconvinience! Zum guten dritten das mir selbst eingebrockte Damoklesschwert einer Darmspiegelung, die ich mir hypochondrisch nach Unterhaltung (s.d) mit meinem Bruder aufgehalst hatte.

Na, wenigstens die habe ich souverän hinter mich gebracht: Nach einem ganzen Tag mit gar köstlichen Abführdrinks usw. holt Heba mich heute Morgen mit meinem Marbella ab. Hermann und Dietrich hinten drin, bringen die Blattfedern zum ächzen. Wenn ich nicht so angespannt wäre, müsste ich prusten. Als hätten die beiden Spacken es geahnt, ziehen sie mich sogleich mit meinem Vorhaben auf („Mach schöne Fottos“, „Wofür krisse den’ne Spritze, hä?“ und vor allem „Viel Spaß!“).

In der Anmeldung sitzt dieselbe Frau, die mich noch Tags zuvor mit einem fröhlich lauten „Wann ham se denn ihre Darmspiegelung?“ begrüßt hat. Diesmal schnattert sie fröhlich: „ Se könn dann nochma’n Kaffe trinken gehen, wir sin heut spät dran. Anner Ecke is lecker, die ham och’n Klo.“ Gut. Geh ich nochma’n Kaffe trinken. Bei der Gelegenheit fällt mir zum wiederholten Mal auf, wie schön Neukölln eigentlich ist.

Letztendlich nutzt mir aber aller Eskapismus nix; ich muß wieder zurueck. Die Schergen warten auch schon. Eine Sprechstundenhilfe in Bleu mit Gummihandschuhen holt mich lächelnd ab. Ob ich nochmal auf die Toilette…na klar. Hernach werde ich instruiert, mich untenrum frei zu machen und mich – in Socken und Pulli auf eine Liege zu legen. Mein Blick fällt beiläufig auf ein Ungetüm von Endoskop. Schnell suche ich einen anderen Blickfang. Gott sei Dank kommt auch schon der Dokter rein. In Schlachterschürze und Plauderlaune. Während die Schwester schon die Kanüle legt, interviewt er mich sehr freundlich, fast verdächtig. Dennoch fasse ich Vertrauen, bekunde meine Aufgeregtheit, bekomme Anteilnahme von den Umstehenden und eine klitzekleine Injektion.

„Merken Sie schon was?“, werde ich gefragt und bekomme kaum das ‚ja‘ über die Lippen, schon bin ich beim ollen Morpheus. Das nächste, was ich mitbekomme, ist die Stimme der bleuen Schwester, der ich wirklich original bescheinige: „Your German is really excellent!“ Weiß der Schinder, in welchen Träumen ich gerade war, ich erinnere mich nicht die Bohne, jedenfalls wird mein ungewöhnlicher Ausspruch mit großem Buhei begrüßt. Dokters wirft gar die Arme in die Luft und grölt: „Hey, wir sind gelandet! Und sogar in Deutschland!“. Ich frage, wie lang meine Auszeit gedauert hat. „‘Ne ¼ Stunde. Exakt so lang wie die Untersuchung.“, ist die Antwort. Ich bin begeistert, ob der Genauigkeit und lobe ad hoc die Anwesenden. Die sind aber schon auf dem Weg zum Nächsten, nur ein junger Mann, wahrscheinlich Zivi, hilft mir beim antrekken der Büchs. Kurz noch wird mir der Befund mitgeteilt. Ich bin kurant wie ein Buschneger. Na, wenn das nix ist!

Ich darf mich noch ein bisserl ausruhen, bis mich Heba wieder abholen kommt. Aber da bin ich schon wieder ganz dufte fit. Und mir ist auch gar nicht mehr bang vor dem Proktologen am kommenden Dienstag und seiner kleinen Hafenrundfahrt.

Keine Kommentare: