Montag, 16. März 2009

"Wetterbericht behauptet: Heute geschmeidig!"

Der Tag meiner Amerikareise rückt immer näher. Es sind nur noch 4 ½ Wochen. Das bedeutet eigentlich gar nichts. Aber meine Stimmung diesbezüglich ist so leicht gigigigigigi mit etwas nnnnnnaaaaaaaaahh. Deshalb mache ich mich früh auf zum Wittenbergplatz, wo es einen autorisierten AmEx Händler hat. Dort kann ich bei barschen Schalterdamen Teuros in amerikanische Reiseschecks tauschen. Um sie ein bisserl aufzulockern packe ich meinen ganzen Charme aus, mache Witzchen, ziehe sie ein wenig auf und es funktioniert. Sogar ohne mein neues Duftwasser „tüff“ der Firma mawa-Kosmetik. Mit einer Hand voll $ verlasse ich den Laden wieder und entscheide, daß es ein großartiger Tag ist. Schließlich wird es langsam Frühling. Die Temperaturen sind schon fast zweistellig. Ich beschließe, das zu genießen, bevor die Sonne das erste Mal krass losballert und das gesamte Großstadtumfeld in aufdringliche, taumelnde Balz verfällt. Noch rennen die meisten mit ihren winterlichen Hackfressen rum; nur in der U-Bahn sehe ich einen jungen Mann, der T-Shirt Solo wagt.

Mir fällt aus heiterem Himmel ein, daß ich ja seit längerem schon die Robert-Lebeck-Ausstellung im Gropius-Bau sehen wollte. Daß dieses Museum durchaus unorthodoxe, südamerikanische Öffnungszeiten hat, kommt mir zugute. Es ist nämlich Dienstags geschlossen und nicht wie üblich Montags. Sicherlich eine Verbeugung vor den vielen Touristen, die gern das verlängerte Wochenende bleiben.

Wie so oft kostet mich der Besuch keinen Pfennig, und ich werde es nicht müde, mich als Einwohner dieser Stadt privilegiert zu fühlen. Wie sich herausstellt ist der Künstler, ein international bekannter Reportagefotograf (u.a. STERN) auch hier zu Haus. Vom ersten Bild an nimmt er mich gefangen mit seinen s/w Fotos von großer, stimmungsvoller Dichte. Ich gehe von Raum zu Raum, jeder zeigt ein anderes Sujet, und es sind einige Bilder dabei, die es zu Weltruhm gebracht haben, z.B. das Foto eines jungen Schwarzen, der dem belgischen König Baudouin 1960 bei der Unabhängigkeitsfeier des Kongo den Säbel abknöpft. Doch auch all die anderen Bilder zeugen von einer großen Fülle. Ich finde jedes für sich ein Meisterwerk, und ich bin beinahe gerührt.

Robert Lebeck: Käsehändler in Tiflis

Nach gut einer Stunde bin ich durch, für mich gerade die richtige Zeitspanne für eine Ausstellung. Als ich vor die Tür trete, steht auf der gegenüberliegenden Straßenseite die stumme Anklage gegen die Automobilindustrie im Allgemeinen und OPEL im Speziellen.

Ein Beweis für Stil, der sich millionenfach verkaufte

Still vor mich hinseufzend gehe ich weiter und nur einen Häuserblock später bietet mir eine Gruppe Chinesen mein Bild des Tages. Abgerundet trete ich den Heimweg an.

"Dort lieber Genosse Ju Bao, hat sich einst der Schutzwall befunden. Seit er weg ist überschwemmen sie uns mit ihren teuren Statussymbolen."

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