Man erlebt ja ständig was Neues. Es ist wirklich unglaublich, wie einen diese Stadt mit immer anderen Schätzen zu überraschen weiß. Damit meine ich allerdings nicht den letzten Ausflug, den ich mit meinem Freund Marcus gemacht habe. Das war lediglich eine schlichte Entdeckungsfahrt ins Hinterland nach Königswusterhausen, in das dortige Sender- und Funktechnikmuseum, eine halb verfallene, immens große Anlage auf einem nahen Hügel, ca. hundert Jahre alt und mehr oder weniger in Schuß. Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Geschichte des Ganzen mehr als mit der grundlegenden Bewandtnis von Radiowellen. Das anwesende Personal taugt auch nur zum kassieren des Eintrittsgeldes und sentimentalem Gesülze über einen ehemals 243 Meter hohen, 1972 im Sturm gefallenen Sendemast namens „Der Dicke“, so daß uns am Ende nichts bleibt als dieses Thema zum wiederholten Male in die Schublade „Modernes Zauberwerk“ zu packen.
Nachdem wir im angrenzenden Wald noch eine rasch davon stürmende Wildschweinbande von drei Stück erblicken dürfen, wird uns auch schon zu kalt und wir machen uns auf den Rückweg. In Zeuthen fällt mir an der Hauptstraße das DESY-Zeichen auf, das ich ja sonst nur aus Hamburg kenne. Wir blicken uns ungläubig an. Das „Deutsche Elektronen Synchrotron“ soll hier einen Teilchenbeschleuniger haben? Das verlangt nach Investigation. Sofort biegen wir in eine Nebenstraße ein, die als Sackgasse zum Zeuthener See endet. Rechter Hand eine niedliche, kleine Villa mit dem bekannten Schild davor. Na, wenn hier was beschleunigt wird, dann höchstens Puddingteilchen.
Als Marcus mich zu Hause absetzt fällt mir ein, daß ich mich noch rasieren will und kein After Shave mehr habe. Wie gut, daß „Rossmann“ noch auf hat. Ich sprinte schnell hin. Beim Betrachten der entsprechenden Regals gerate ich selbstredend ins Grübeln, ob ich nun wieder Hattric oder, Angedenk Uwe Seelers, mal Pitralon ausprobieren soll, da fällt mein Blick, und jetzt komme ich auf die eigentliche Sensation des Tages, auf eine verschämt kleine Flasche, die ganz hinten unten steht und ihren Preisbegehr wie ein frecher Gossenjunge vor sich her trägt. Zwo 99.
Nehm ich. Da kann ich einfach nicht anders. Ich rieche nicht einmal im Voraus daran, wie sonst immer. Das bewahre ich mir für später auf. Dennoch bin ich wie im Taumel, alle meine Sinne sind im Tunnelmodus. Ich zahle und bin fast wie im nächsten Augenblick schon in meinem Badezimmer mit der Rasur beschäftigt. Jetzt zahlt sich die jahrelange Routine der Nassrasur aus. Flinker Hand gleitet die Klinge durchs Gesicht. Schrapp, schrapp, schrumm, schrumm, fertig! Jetzt das neue Wunderwasser aufgetan, nur nicht zu knapp. Und wie es so in die Hand fließt und einen kleinen See bildet, ballen sich die Aromen zu einem aufdringlichen Bukett zusammen. Die Bezeichnung ‚50er Jahre-Zonenrandgebiet‘ finde ich treffend. Die Wirkung auf reifere Damen mit geblümten Kittelschürzen muß betörend sein.
Ich möchte es allen Freunden ausdrücklich anraten zu benutzen. Wo bekommt man denn solche Ware heute noch? Und zu dem Preis? Also wirklich!
„Rossmann“ hat es. Zumindest in Berlin. Ansonsten kann man den Produzenten sicher auch anschreiben: mawa-kosmetik, 37327 Leinfelde-Worbis. Ich wette, die freuen sich.
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