Da pumpt mein kleines Seemannsherzchen aber nochmal so richtig! Am Wochenende ist nochmal so richtig duftes Wetter, und am Samstag um 11 treffen sich die gesamten westfälischen Handelsmarinenbesatzungen am Lausitzer Platz im Café V. Ich habe sogar mal meine Kühlbox aktiviert und mit einem 6er Potpourri von Pilsbieren und auch Federweißem bestückt, was mit „Ahs“ und „Ohs“ begrüßt wird. Donnerlütter, so einfach geht Seeheld auf westfälisch!
von links nach rechts: Korvettenkapitän Rolle, Subkommodore Kottan und Konteradmiral Yusuf bekommt vom Marineinspektor Marek was erklärt
Dann aber nix wie rin im Auto und ab nach Groß Köris, etwa 50 km südlich von Berlin, wo die Jollenkreuzer liegen. Die Sonne strahlt, der Himmel lacht, der Wind wird auch noch angemacht. Als Marek jedoch die Persenning runternimmt, gibt es einen Wermutstropfen. Sein Boot zieht irgendwoher Wasser. Nicht viel, aber es muß erstmal geschöpft werden. So ca. 30 Eimer. Obendrein mangelt es der „Libertas“ an einem Vorsegel. Während die „Marlen“ bereits in vollem Wichs zum Auslaufen bereit ist, muß Marek nochmal zum Schuppen hochlaufen und nach einer Fock Ausschau halten. Er kommt nach einer geschlagenen ¼ Stunde zurück und hält etwas in Händen, das einem Handtuch nicht unähnlich ist. Es ist aber nur das Vorsegel eines Piraten und daher fast lächerlich klein. Von der „Marlen“ kommt sofort Schadenfreude und Gejohle. Das spornt uns, Kottan, Marek und mich aber nur an. Wir schmeißen den Motor an und laufen aus. Bis zum Anfang des Kanals, der zum Schweriner und Teupitzssee führt haben wir einen kleinen Vorsprung, den wir wegen Geschwindigkeitsbeschränkung weder ausbauen, noch hergeben.
Wasser hat zwar keine Balken, aber innen und außen
Am Ende des Kanals, wo es zum offenen Wasser hingeht, stoppen wir die Maschine und ziehen ruckzuck die Lappen, auch den komischen, so hoch wie es geht, um uns dann in aller Gemütsruhe zu streiten, wer denn jetzt das Kommando hat. Ich lehne ab (ist ja nicht mein Schiff), Kottan behauptet, noch nie gesegelt zu sein (glatte Lüge) und Marek behauptet von einer Vortagsfeier noch blümerant zu sein und will mich mit dieser merkwürdigen Logik um ein Pilschen erpressen. Es endet vorläufig damit, daß alle drei mit verschränkten Armen da sitzen und die Segel indifferent flattern. Letzten Endes rücke ich trotz dieser frühen Stunde doch eine Runde Bier raus, muß aber 30 Sekunden später feststellen, daß ich bei der ganzen Aktion irgendwie übertölpelt wurde und in die Kommandörsrolle geraten bin. Ich steuere also, trimme die Segel, gebe schneidige Kommandos. Na wartet, ihr sollt mich kennen lernen!
Wetter wie gemalt
Unseren kleinen Disput haben sich Roland und Yusuf zum Vorteil genommen und sind vorbei gezogen. Klar, nehme ich die Verfolgung auf. Es geht einmal gegen den Uhrzeigersinn um den Eggsdorfer Horst, mit Ziel auf die Restauration von Hans Kaubisch in Teupitz. Ich biete all mein seglerisches Geschick auf, aber wir kommen nicht näher. Zu all den bereits genannten Widrigkeiten kommen auch noch meine relative Unkenntnis des Gewässers und ein notorisches Genöhle des Schiffseigners, der mir bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit taktische Fehler vorwirft. Doch Mitte der Zielgeraden sehe ich, wie die „Marlen“ abfallen muß und wir nun eine Bö nach der anderen abreiten können und während unser weitaus besser ausgestatteter und leichterer Konkurrent eine weitere Wende fahren muß, können wir mit der „Libertas“ die kleine Marina direkt ansteuern. Und die „Marlen“ kommt erst viel später rein. Ha! Von wegen taktischer Fehler! Jetzt ist er aber still der Herr Schiffseigner!
Als dann endlich alle komplett bei Bratwurst und Bier beisammen sitzen, bekomme ich von allen Seiten Ehrfurchtsbekundungen zu hören, die ich aber in aller Bescheidenheit abwiegele. Stattdessen lasse ich es mir die Wurst schmecken, die heute deutlich leckerer scheint. Oder ist das nur der süße Duft des Erfolgs? Dann folgt die Rückfahrt, die wir in sicherer Gewissheit, Gewinner zu sein, antreten. Roland und Yusuf müssen sich stattdessen noch beweisen, daß sie noch nicht zum alten Eisen gehören und segeln noch verbissen einige Male auf und ab.
Subkommodore Kottan sinniert
Als wir am Rankenhof ankommen, müssen wir auch nochmal Wasser schöpfen und nach dem Leck wollen wir auch noch schauen. Und als es in der Bilge halbwegs trocken ist, kann man die Bescherung erkennen: Am Übergang des Schwertkastens zum Rumpf suppt es ganz langsam aber sicher hinein. Na, das bedeutet einiges an Arbeit für das Winterlager.
Zum guten Ende kommen die Freunde aber auch gut gelaunt zurück, die Boote werden wieder abgedeckt, dann geht es wider in die Stadt, noch einen Happen essen und dann ins Bett. Die Seefahrt macht nämlich hungrig und müde.
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